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Türkei erlaubt christlichen Kirchenbau

3. Januar 2015

Seit der Gründung der Türkischen Republik im Jahr 1923 ist dort keine neue christliche Kirche mehr errichtet worden. Jetzt hat die Regierung grünes Licht für ein Gotteshaus der christlichen Minderheit gegeben.

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Die Kathedrale in Istanbul (Foto: AP)
Bild: picture alliance/AP Photo

Die Kirche der christlichen syrischen Minderheit solle im Istanbuler Stadtteil Yesilköy auf städtischen Boden entstehen, meldet die regierungsnahe Nachrichtenagentur Anadolu. Die Entscheidung habe Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Freitagabend bei einem Treffen mit Religionsvertretern in Istanbul bekanntgegeben. Mit dem Neubau auf der europäischen Seite der Stadt am Marmarameer soll demnach in den kommenden Monaten begonnen werden. Er solle mit Geldern aus einer Stiftung bezahlt werden, hieß es aus Regierungskreisen in Ankara weiter. In der modernen Türkei seien Kirchen nur renoviert oder wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Ein Neubau sei aber nie genehmigt worden.

Der deutsche Abgeordnete Volker Beck begrüßte die Ankündigung. Der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion erklärte, die Baugenehmigung sei "ein wichtiges Signal für den Respekt der Religionsfreiheit". Sie könne "aber nur ein erster Schritt sein". "Die Benachteiligung aller religiösen Gemeinschaften, die nicht dem sunnitischen Islam angehören, muss ein Ende haben", betonte der Politiker.

Die Türkei ist laut Verfassung ein laizistischer Staat. Die meisten Türken bekennen sich zum Islam. Nicht-Muslime machen nur eine kleine Minderheit von weniger als 200.000 unter 77 Millionen Einwohnern aus. Zu den größten Minderheiten gehören die Armenier mit geschätzt rund 80.000, die Katholiken mit 35.000, die syrisch-orthodoxen Christen mit rund 20.000 sowie die jüdische Gemeinde mit ebenfalls rund 20.000 Gemeindemitgliedern.

Einschränkungen für andere Religionen

Kritiker werfen der Staatsführung um Präsident Recep Tayyip Erdogan immer wieder vor, das Land weiter islamisieren zu wollen. Angehörige christlicher Minderheiten sind in der Vergangenheit vereinzelt Opfer von religiös motivierter Gewalt geworden. Christen und andere Minderheiten dürfen ihre Religion zwar grundsätzlich ausüben, sie leiden aber unter Einschränkungen. So darf die orthodoxe Kirche keine Priester in der Türkei ausbilden. Ausländische Kleriker wiederum haben Probleme, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten.

Bei dem Treffen in Istanbul sicherte der Ministerpräsident den Mitgliedern nicht-muslimischer Minderheiten im Land volle Rechte als Staatsbürger zu. Seine Regierung unterscheide die Bürger nicht nach Zugehörigkeit zu einer Religion, einer Konfession oder Ethnie, sagte Davutoglu. Davutoglu erinnerte daran, dass unter der Regierung der von ihm geführten islamisch-konservativen Partei AKP die Rückgabe enteigneter Immobilien an Nicht-Muslime begonnen habe.

Der Regierungschef verwies auf eine wachsende Islamfeindlichkeit und einen zunehmenden Antisemitismus in Europa. Dort würden Moscheen angegriffen, sagte er mit Blick auf eine jüngste Serie von Brandanschlägen in Schweden. Ein entschiedenes Eintreten gegen Islamophobie richte sich nicht nur gegen die Diskriminierung von Muslimen, sondern gegen jedwede Ausgrenzung aufgrund von Religion.

Papst mahnte Religionsfreiheit an

Istanbuls Christen hoffen auf den Papst

Im November hatte Papst Franziskus die Türkei besucht und in der Kathedrale von Istanbul (Artikelfoto) eine Messe gefeiert. Bei einem Treffen mit Präsident Rece Tayyip Erdogan wies er auf die Bedeutung der Religionsfreiheit hin. Ohne konkret auf die christliche Minderheit einzugehen, warb Franziskus für eine Vertiefung des Dialogs der Religionen und Kulturen, um Vorurteile zu überwinden. Die Garantie der Religions- und Meinungsfreiheit sei "grundlegend" für Freundschaft und Frieden. Die Türkei sei dabei eine natürliche Brücke zwischen zwei Kontinenten und unterschiedlichen Kulturen.

kle/ml (afp, dpa, kna, dw.de)