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Deutschland unter den Top 3 bei Klimaschäden

4. Dezember 2019

Hitze, Dürre, Stürme und Überschwemmungen: Die Folgen des Klimawandels sind zunehmend spürbar - auch in Industrienationen. Laut dem Klima-Risiko-Index war Deutschland 2018 einer der am stärksten betroffenen Staaten.

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Sommerwetter in Deutschland
Folge anhaltender Hitze und Trockenheit: ausgedörrte und versenkte Weiden im Osten DeutschlandsBild: picture-alliance/dpa/P. Förster

Wie hoch sind die Opferzahlen und finanziellen Schäden durch Wetterextreme in der Welt? Welche Länder sind besonders betroffen?

Antworten auf diese Fragen gibt der Klima-Risiko-Index (KRI) . Seit 14 Jahren wird er von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch auf den Klimakonferenzen vorgestellt. 2018 waren demnach Japan, Philippinen und Deutschland am stärksten von Wetterextremen betroffen.

Ganz oben im Ranking steht diesmal Japan. 2018 verloren dort 1282 Menschen durch extreme Regenfälle, Hitze und Taifun ihr Leben. Die Gesamtschäden lagen bei umgerechnet 32 Milliarden Euro und führten zu einem Verlust von 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Die Zahlen kommen von der Datenbank der Münchener Rückversicherungsgesellschaft Munich Re. Mit 30.000 Ereignissen zu Naturkatastrophen zählt deren Datenbank NatCaTSERVICE zu den umfangreichsten der Welt und macht Vergleiche zwischen den Ländern möglich. Aus der Anzahl der Todesfälle pro Millionen Einwohner und der Schadenshöhe pro Bruttoinlandsprodukt (BIP) ermitteln die Experten das Ranking für den Vergleich. 

Infografik Anzahl von Wetterextremen weltweit 1900 - 2018 DE

Japan wurde 2018 von drei außergewöhnlich starken Extremwetterereignissen getroffen. Im Juli 2018 waren an drei Tagen die Niederschläge doppelt so hoch wie an den stärksten Regentagen eines normalen Jahres. Das führte zu Überschwemmungen und Schlammlawinen mit über 200 Toten. Über 5000 Häuser wurden beschädigt und 2,3 Millionen Menschen mussten deshalb evakuiert werden. Insgesamt verursachten die Regenfälle Schäden von umgerechnet sechs Milliarden Euro.

Wenige Wochen nach den Regenfällen wurde Japan von einer schweren Hitzewelle getroffen. Der nationale Wärmerekord lag bei 41,1 Grad Celsius und wurde in der Mitte von Japan gemessen, in der Stadt Kumagaya. Auf Grund der Hitze starben 138 Menschen. Mehr als 70.000 mussten mit Hitzeschlägen und Hitzeerschöpfung ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Im September traf Japan zudem noch der stärkste Taifun seit 25 Jahren und verursachte Schäden von rund 11 Milliarden Euro. 

Philippinen auf Platz 2  

Sehr heftig wurden auch die Philippinen von Wetterextremen getroffen. Der Taifun Mangkhut verwüstete im September 2018 den nördlichen Teil der Philippinen. Es war der stärkste weltweit gemessene Taifun in 2018 und erzielte eine Windstärke von bis zu 270 Stundenkilometer. Mehr als 250.000 Menschen waren betroffen. Menschen starben vor allem durch Erdrutsche, die durch starke Regenfälle ausgelöst wurden.

Insgesamt gab es durch die Extremwetter laut Datenbank 455 Todesopfer auf den Philippinen und Schäden von 4,5 Milliarden Dollar. Dies entspricht einem Verlust des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,5 Prozent.

Infografik Klimawandel Deutschland DE

Deutschland erstmalig stark betroffen 

Auf Platz drei der am stärksten betroffenen Länder steht laut aktuellem Risiko-Index erstmalig Deutschland. Deutschland erlebte 2018 extreme Hitze und Dürre. Zwischen April und Juli lag die Durchschnittstemperatur bei 16,6 Grad und damit 2,9 Grad höher als vor der Industrialisierung (um 1870). Es war die heißeste jemals gemessene Durchschnittstemperatur in Deutschland für diesen Zeitraum. 

Laut Datenbank von Munich RE forderte die Hitzewelle 1246 Todesopfer in 2018. Darüber hinaus gab es in Deutschland hohe Ernteverluste: Laut Bauernverband lagen in einigen Regionen die Ernteverluste zwischen 50 und 70 Prozent bis hin zu Totalausfällen. Rund 8000 Landwirte beantragten eine staatliche Nothilfe. Die Bundesregierung und die Länder stellten Hilfsgelder in Höhe von 340 Millionen Euro bereit. 

Hinzu kamen in Deutschland schwere Sturmschäden durch Orkane im Januar und September. Insgesamt hatte Deutschland  laut Risko-Index Schäden durch Wetterextreme in Höhe von 4,5 Milliarden Euro in 2018. Dies entspricht einen Verlust des BIP um 0,1 Prozent.

Ein alarmierendes Bild vom Klimawandel in Deutschland zeigt auch der aktuelle Bericht der Bundesregierung. Demnach hat sich die mittlere Lufttemperatur in Deutschland von 1881 bis 2018 bereits um 1,5 Grad erhöht und allein in den letzten fünf Jahren um 0,3 Grad. "Es ist nicht auszudenken, was es bedeuten würde, wenn sich dies in dieser Geschwindigkeit wirklich fortsetzen würde", sagte dazu Umweltministerin Svenja Schulze bei der Vorstellung des Berichts Ende November. Starkregen und extreme Hitzeperioden würden immer häufiger.

Infografik Extremwetter 1999-2018 DE
Langfristindex: Wer wurde in den letzen 20 Jahren am stärksten getroffen?

Entwicklungsländer langfristig am stärksten betroffen

"Der Klima-Risiko-Index zeigt, dass massive Klimawandelfolgen weltweit zunehmen - sie treffen immer öfter auch Industrienationen wie Deutschland oder Japan", sagt Maik Winges, Coautor vom Klima-Risiko-Index. "Im Vergleich sind aber die ärmsten Staaten der Welt den noch größeren Risiken ausgesetzt. Vor allem, weil sie bisher kaum Hilfe für erlittene Schäden und Verluste von den Hauptverursachern des Klimawandels bekommen."

Insgesamt kamen laut Datenbank von Munich Re in den vergangenen 20 Jahren weltweit mehr als 495.000 Menschen durch Wetterextreme zu Tode. Die wirtschaftlichen Schäden beliefen sich in diesem Zeitraum auf rund 3200 Milliarden Euro.

Im langfristigen Index der vergangenen 20 Jahre sind sieben der zehn am stärksten betroffenen Staaten Entwicklungsländer. Die Insel Puerto Rico wurde 2017 von einem tropischen Wirbelsturm besonders heftig getroffen. Auf der Insel leben rund 3,2 Millionen Menschen. Rund 3000 Menschen starben durch den Wirbelsturm.

Laut der Autoren ist Puerto Rico ein Beispiel für die wachsende Zahl von Ländern, in denen ein einziger verheerender Hurrikan sehr massive Schäden hinterlässt und dann für den Wiederaufbau lange Jahre viel Kraft bindet. 

Daneben sehen die Autoren noch einen weiteren Trend: "Wir beobachten in Ländern wie Haiti, den Philippinen oder Pakistan in so kurzen Abständen wiederkehrende extreme Wetterlagen, dass diese Länder kaum Gelegenheit haben, sich nach Wetterkatastrophen zu erholen", sagt Co-Autorin Vera Künzel auf der Klimakonferenz in Madrid.

Aus diesem Grund sei es wichtig, dass arme Länder nicht nur bei der Anpassung an den Klimawandel, sondern auch bei nicht mehr vermeidbaren Schäden und Verlusten Unterstützung von den Hauptverursachern des Klimawandels bekämen. "Dieser Klimagipfel muss Antworten finden auf die Frage, wie der Umfang der benötigten Unterstützung in armen Ländern regelmäßig ermittelt wird und wie dann die benötigten finanziellen Hilfen aufgebracht werden", betont Künzel. 

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion
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