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Tödliche Mischung

Florian Görner26. Juli 2002

Im Süden Afrikas droht die größte humanitäre Katastrophe seit zehn Jahren. Bis zu 13 Millionen Menschen schweben in akuter Gefahr: Eine Folge des fatalen Zusammenwirkens von Aids und einer drohenden Hungerkatastrophe.

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Afrika steht vor einer HungersnotBild: AP

Besonders betroffen sind Sambia, Malawi, Simbabwe, Lesotho und Swasiland. Angesichts der Krise hat das Internationale Rote Kreuz die größte weltweite Hilfsaktion seit drei Jahren eingeleitet. Die Organisation will 76.000 Tonnen Lebensmittel in die Region fliegen, um die drohende Katastrophe doch noch abzuwenden.

Nach Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen benötigen derzeit schon 5,5 Millionen Menschen dringend Unterstützung. "Unsere Hilfe wendet sich in erster Linie an die 'most vulnerable people', das sind Arbeitslose, HIV-Positive, Waisen, schwangere Frauen und Alleinerziehende", betont Stefan Bihl, Referent Auslandshilfe beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) im Interview mit DW-WORLD. "Bis Oktober wird ihre Zahl vermutlich 13 Millionen erreichen."

Fatales Zusammenwirken

Auslöser der Krise sind dramatische Ernteausfälle. "Für die nächste Ernte im September werden Ernteausfälle von bis zu 60 Prozent erwartet," sagt Bihl. Verschärft wird die Situation zudem noch durch die AIDS-Epidemie. In zahlreichen Regionen des südlichen Afrikas sind inzwischen 30 Prozent der Menschen mit dem AIDS-Virus HIV infiziert. Die Sterberate ist so hoch, dass 20 Prozent der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft fehlen – sie würden dringend benötigt.

Aids und die drohende Hungerkrise wirken in fataler Weise zusammen. Während Menschen mit dem AIDS-Virus in Europa durch eine adäquate gesundheitliche Versorgung eine relativ lange Lebenserwartung haben, ist sie in Krisen-Regionen Afrikas drastisch gesunken. "Aufgrund der zu erwartenden massiven Verschlechterung des Gesundheitszustands erwartet man bei den vom Hunger geschwächten HIV-positiven Menschen eine massive Sterbewelle gegen Ende des Jahres – die sich bis in die nächste Generation hinein auswirken wird, " betont DRK-Experte Bihl.

Krise führt zu Teufelskreis

Die Folgen der Krise sind verheerend: Die Eltern sterben und die Kinder bleiben allein zurück. Schon jetzt gibt es viele sechsköpfige Familien, die von einem zwölfjährigen Kind geführt werden. Viele Kinder können deshalb nicht mehr in die Schule gehen, wodurch sich das Bildungsniveau weiter verschlechtert und das Nationaleinkommen sinkt.

Auch die Prostitution ist in den afrikanischen Krisenregionen auf dem Vormarsch. Um sich ernährern zu können, sind immer mehr Menschen gezwungen, ihren Körper zu verkaufen. Und damit schließt sich der Teufelskreis: AIDS breitet sich immer weiter aus.

Fehlende Mittel

Den Finanzbedarf, um die drohende Krise durch Soforthilfe noch abwenden zu können, beziffert das Internationale Rote Kreuz auf 61 Millionen Euro. Bisher liegen Zusagen über die Hälfte der Summe vor. "Wir stehen nicht unter enormem Zeitdruck, denn die Gesamtoperation erstreckt sich über zwölf Monate und das Ganze ist nicht über Nacht über uns hereingebrochen", sagt DRK-Experte Bihl. "Wenn jedoch die Spenden in den nächsten Wochen nicht ausreichen, kann es sehr schlimm werden."