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Stürzt linker Syriza-Flügel die Regierung?

Panagiotis Kouparanis24. Juni 2015

Der linke Flügel von Syriza lässt offen, ob er einem Abkommen mit den Kreditgebern zustimmen wird. Stathis Leoutsakos, Vertreter des linken Flügels, beklagt, Syriza halte sich nicht an die eigenen Versprechen.

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Griechenland Kundgebung linker Organisationen
Bild: DW/P. Kouparanis

DW: In Brüssel wird über den Abschluss des 2. Hilfspakets verhandelt. Die griechische Regierung hat vor einigen Tagen den Kreditgebern ihre Vorschläge unterbreitet. Finden diese auch Ihre Unterstützung?

Stathis Leoutsakos: Nein. Diese Vorschläge setzen zentrale Wahlversprechen von Syriza außer Kraft. Wir hatten unter anderem versprochen, Einkommen bis 12.000 Euro jährlich nicht zu bersteuern, eine 13. Rente für Pensionen unter 700 Euro monatlich einzuführen, das gesetzliche Mindesteinkommen auf 751 Euro Brutto zu steigern. Vor allem hatten wir aber versprochen, die Sondersteuer auf Immobilien (ENFIA) abzuschaffen, die in breiten Schichten der Bevölkerung für großen Unmut sorgt. Das alles soll nicht mehr gelten?

Wie anders sollte aber ein Primärüberschuss im griechischen Haushalt erzielt werden, den die Kreditgeber verlangen?

Ein Abkommen, das auf Steuererhöhungen und Austeritätsmaßnahmen fußt, führt zum wirtschaftlichen Abschwung. Was das Land braucht, ist wirtschaftliches Wachstum. Wie soll das erreicht werden, wenn infolge dieser Maßnahmen dem Markt Kaufkraft entzogen wird? Eine weitere Folge dieser Politik wird der Anstieg des Schuldenstands sein.

Hätte die Regierung in den Verhandlungen mit den Institutionen eine unnachgiebigere Haltung zeigen sollen?

Ich meine, Ja. Vor allem in der Frage eines Schuldenschnitts. Ohne ihn wird Griechenland niemals den Schuldenberg abtragen können, der sich angehäuft hat. Immer wieder müssen dann neue Kredite aufgenommen werden, um alte abzubezahlen. Darüber hinaus wird jede griechische Regierung sich erpressbar machen. Das erleben wir doch jetzt gerade.

Griechenland Syriza - Stathis Leoutsakos
Stathis LeoutsakosBild: DW/P. Kouparanis

Die Syriza-Regierung läuft Gefahr im Inland unglaubwürdig zu werden. Ich kann nicht ausschließen, dass es in den Reihen der Kreditgeber welche gibt, die genau das beabsichtigen. Ich warne aber davor, so etwas zu wollen. In Griechenland stehen viele Menschen vor dem Aus, sie haben alles verloren und nichts mehr zu verlieren, die Mehrheit der Jugendlichen hat keine Perspektive, immer mehr Menschen sind auf öffentliche Speisungen angewiesen. Wenn nach den alten Regierungsparteien Nea Dimokratia und PASOK auch Syriza scheitert, dann werden diese Menschen in die Arme der faschistischen Goldenen Morgenröte getrieben. Das ist kein Horrorszenario, sondern eine folgerichtige Entwicklung.

Es gibt Stimmen im linken Flügel von Syriza, die einen Austritt Griechenlands aus dem Euro fordern. Teilen Sie diese Ansicht?

Ich persönlich teile diese Ansicht. Und das ist jetzt keine Frage von Sozialismus "Ja" oder "Nein“". Eine solche Frage stellt sich nicht. Es war ein Geburtsfehler des Euro, dass er eingeführt wurde, ohne vorher eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik in die Wege zu leiten. Infolgedessen konnten nur die starken Wirtschaften von der gemeinsamen Währung profitieren. Griechenland hat eine schwache Wirtschaft. Deshalb wäre das Land innerhalb der Europäischen Union aber außerhalb des Euro besser aufgehoben.

Hätte also die Syriza-Regierung einen solchen "Plan B" bei ihren Verhandlungen in der Hinterhand haben sollen?

Ich meine ja. Allerdings hätte man die griechische Bevölkerung darauf vorbereiten müssen. Das ist nicht passiert.

Viele fragen sich, wie sich die Abgeordneten des linken Syriza-Flügels verhalten werden, wenn die Regierung das Abkommen mit den Kürzungen und Steuererhöhungen ins Parlament zur Abstimmung bringt. Wie werden Sie abstimmen?

Es ist alles offen.

Denken Sie wirklich im Ernst daran, die erste linke Regierung Europas zu stürzen?

Gegenfrage: Kann die erste linke Regierung Europas eine solche von den Kreditgebern auferlegte Politik machen?

Stathis Leoutsakos, Abgeordneter und Vertreter des linken Flügels im 13-köpfigen Politischen Sekretariat von Syriza.