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Syrer demonstrieren erneut für Reformen

15. April 2011

Tausende Menschen haben sich nach den Freitagsgebeten in mehreren syrischen Städten wieder zu Protesten versammelt. Sie fordern mehr als die zaghaften Reformen des Präsidenten - wer sitzt am längeren Hebel?

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Anti-Regierungsdemo in Syrien (Foto: AP)
Kampf um die Freiheit - jeden Freitag aufs NeueBild: AP

Die Menschen in Syrien kommen nicht zur Ruhe. Ihren Kampf für mehr Demokratie und Freiheit haben sie auch an diesem Freitag (15.04.2011) fortgesetzt. Nach den Freitagsgebeten strömten tausende Aktivisten erneut auf die Straßen, um ihrem Unmut über die politische Lage Luft zu machen. In Sprechchören forderten sie vehement "Freiheit!". Augenzeugen berichteten, dass bis zu 10.000 Menschen an der Demonstration in der Stadt Daraa im Süden des Landes teilgenommen hätten. Sie gilt als eine Hochburg der Aktivisten.

Auch in und rund um die Hauptstadt Damaskus wächst die Protestbewegung. In mehreren Städten in der Nähe sollen erstmals zahlreiche Menschen gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad protestiert haben.

Um die Protestbewegung zu besänftigen, hatte Assad zuvor einige Oppositionelle aus Gefängnissen freigelassen und am Donnerstag eine neue Regierung präsentiert. Doch mit diesen Maßnahmen haben sich die Protestteilnehmer nicht zufrieden gegeben - vor allem, weil die Regierung in Syrien de facto kaum Machtbefugnisse hat.

Gegen das eigene Volk

Der syrische Präsident Assad grüßt seine Anhänger (Foto: AP)
Genießt trotz der Proteste auch Rückhalt in der Bevölkerung: Präsident AssadBild: AP

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch kritisieren immer wieder das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten. Seit Beginn der Proteste vor einem Monat sollen nach Angaben der Demokratiebewegung mehr als 200 Menschen getötet worden sein. Hunderte Aktivisten seien willkürlich festgenommen, gefoltert und misshandelt worden, berichtete Human Rights Watch.

"Es kann keine echten Reformen in Syrien geben, wenn die Sicherheitskräfte ungestraft Menschen misshandeln", sagt der stellvertretende Leiter der Nahostabteilung von Human Rights Watch, Joe Stork. Assad müsse seine Leute zügeln und auch zur Rechenschaft ziehen für willkürliche Festnahmen oder Folter. Neben den Aktivisten geraten nun auch verstärkt Journalisten, die über die Demonstrationen berichten wollen, ins Visier der Sicherheitskräfte. Viele werden unter Druck gesetzt, wenn sie öffentlich mit der Bewegung sympathisieren.

Autoritäre Tradition in Syrien

Die Familie des syrischen Präsidenten hält die Zügel der Macht in festen Händen - schon seit Jahrzehnten. Seit 1963 gelten Notstandsgesetze, die Assad umfassende Befugnisse verleihen. Demonstrationen sind strikt verboten. Die einzigen großen Anlässe, bei denen sich die Syrer offiziell treffen dürfen, sind Gottesdienste, Beerdigungen oder Hochzeiten. Daher finden die Demonstrationen nun auch immer freitags nach den Gebeten statt.

Autor: Nicole Scherschun (dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Martin Muno