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Stunde der Wahrheit für Tadic

Sanja Blagojevic4. Februar 2008

Der neue alte serbische Präsident darf seine Politik nicht länger aus Angst vor den Radikalen definieren und die wirklichen Probleme vor sich herschieben. Serbien braucht messbare Erfolge, meint Sanja Blagojevic.

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Bild: DW

Serbien hat sich für Europa entschieden. Es war eine dünne Mehrheit für den Demokraten Boris Tadic, doch die ist von großer Bedeutung. Denn trotz aller Befürchtungen hat Serbien am Ende gegen die Radikalen, gegen eine Orientierung Richtung Russland gestimmt.

Noch einmal hat Präsident Tadic auf die politisch aufgeklärte Schicht der Serben gesetzt, der bewusst ist, wie schädlich die Radikalen für das Land sind. Das Kalkül ging auf, Tadic hat gewonnen. Doch allein mit der Angst vor den Radikalen kann man auf lange Sicht nicht Politik machen. Die Serben, die klug genug sind, zwei und zwei zusammenzuzählen, wissen, dass sie von den Demokraten nicht viel angeboten bekommen.

Angst vor Radikalen prägt Politik

Seit Mai letzten Jahres haben sie eine Regierung, die nur aus Angst vor den Radikalen gebildet wurde. Premier Vojislav Kostunica ist ein Nationalist, der sich als Demokrat verkleidet hat und die ganze Zeit nicht offen zu seinem Nationalismus stehen wollte. Bis vor fünf Tagen: da hat er Tadic öffentlich seine Unterstützung verweigert, weil dieser sich für die europäische Zukunft seines Landes entschieden hat. Doch der Schuss ging für Kostunica nach hinten los.

Nun, mit dem Wahlsieg im Rücken, könnte Tadic endlich die Dinge ansprechen, die seit langem angesprochen werden müssen, die er aber vor sich hergeschoben hat. Tadic muss dem serbischen Volk nun die Wahrheit sagen, egal wie unangenehm sie ist.

Tadic muss Menschen die Wahrheit sagen

Wahrheit Nummer eins ist: Das Kosovo wird unabhängig und daran führt kein Weg vorbei. Wahrheit Nummer zwei: Serben haben in den neunziger Jahren in Kroatien, Bosnien und im Kosovo ethnische Säuberungen durchgeführt und zwar nicht, weil sie dort die unschuldigen Serben verteidigt haben, sondern weil sie ein Groß-Serbien haben wollten.

Daraus müssen Konsequenzen gezogen werden; die Vergangenheit muss aufgearbeitet, die Kriegsverbrecher ausgeliefert werden. Tadic muss den Menschen endlich erklären, dass sie in einem kleinen, armen und korrupten Land leben und dass sie für das, was in Serbien passiert, auch selbst die Verantwortung tragen und nicht das Ausland, das gerne für alle Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht wird.

Serben brauchen messbare Erfolge

Doch was die Menschen brauchen, sind messbare Erfolge, das heißt vor allem eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse und: sie brauchen eine Perspektive.

Die Menschen haben für Europa gestimmt, nun wollen sie auch sehen, dass der Weg Serbiens wirklich dorthin führt. Es gibt viel zu tun für den alten und neuen Präsidenten Tadic. Also Boris, an die Arbeit!