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Studiogespräch mit Prof. Dieter Breitschwerdt

26. November 2012

Die Astronomie verändert das Weltbild. Dazu ein Interview mit Prof. Dieter Breitschwerdt, Zentrum für Astronomie und Astrophysik, Technische Universität Berlin.

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DW: Herr Breitschwerdt, wie schätzen Sie das Riesenteleskop ein – ist es so etwas wie eine bahnbrechende neue Technik?

Dieter Breitschwerdt: Es ist auf jeden Fall ein Quantensprung für die Astronomen in der Entwicklung, weil wir jetzt viel größere Distanzen überwinden können. Wir werden Dinge sehen können, die sehr viel weiter entfernt sind; Strukturen, die sehr viel schwächer sind. Das ist das, was wir brauchen, um eben viele der noch ungelösten Rätsel zu lösen.

Wie viel größer ist denn dieses Teleskop? Können Sie ein Vergleich zu den herkömmlichen Teleskopen ziehen?

Das größte Teleskop derzeit ist ein Teleskop mit zehn Meter Durchmesser auf dem kanarischen Insel. Dieses wird 39 Meter haben. Da werden 800 Einzelspiegel segmentiert aufgebaut - auch das ist eine Technik, die nicht so häufig angewendet worden ist. Dadurch kriegt man eine 15 Mal größere Sammelfläche und das ist wirklich sehr viel. Damit kann man wirklich Dinge sehen, die man vorher nicht sehen konnte.

Also der Name "Riesenteleskop" ist gerechtfertigt. Man hofft ja damit auch, die größten Geheimnisse der Astronomie zu lüften. Auf welche Antwort hoffen Sie denn vor allem?

Ich persönlich beschäftige mich mit Sternentstehung und Entwicklung von Galaxien. Ich hoffe, dass wir den Sternentstehungsprozess mehr im Detail verfolgen können. Da gibt es noch sehr viele ungelöste Details, vor allem auch deswegen, weil wir größere Stichproben brauchen. In der Astronomie beobachtet man immer viele Objekte, um eine allgemeine Aussage zu treffen. Wir werden dann viel mehr Objekte beobachten mit viel größeren Details und das wird uns helfen.

Was wäre denn das Erstaunlichste, was wir sehen könnten?

Es gibt viele Objekte, von denen wir annehmen, dass sie theoretisch existieren, aber praktisch haben wir noch keine gesehen, z.B. der Quarkstern.

Was genau ist ein Quarkstern?

Das ist ein Stern, der aus Elementarteilchen besteht, aus sog. Quarks oder Strange Quarks. Das ist praktisch Materie im dichtesten Zustand, den man sich vorstellen kann, bevor dieses Objekt dann in ein schwarzes Loch kollabiert. Solche Sterne existieren hypothetisch, gesehen hat man bisher aber noch keinen.

Was wäre das Wahrscheinlichste, was wir finden könnten, mit diesem Teleskop?

Ich denke, dass wir auf jeden Fall viel mehr andere Planeten und andere Sterne entdecken können, die sog. Exoplaneten außerhalb unseres Sonnensystems. Wir werden auch sehr viel mehr leuchtschwache Galaxien entdecken, d.h. wir können viel mehr über die Anfangszustände der Galaxienentwicklung etwas aussagen. Wir können hoffentlich auch die ersten Sterne entdecken, die nennt man Population-3-Sterne. Sie sind sehr metallarm, d.h. sie haben sehr wenige chemische Elemente noch und gehören sozusagen zur "ersten Generation". Das alles versuchen wir mit dem Teleskop zu sehen.

Das Riesenteleskop könnte unsere Weltsicht in ähnlicher Weise revolutionieren wie das Teleskop Galileo Galileis vor vierhundert Jahre – so preist es zumindest die Europäische Sternwarte selbst an. Sehen Sie das auch so?

Ich werde das weniger reißerisch formulieren. Natürlich ist es ein Quantensprung, wie gesagt, weil man einfach viel größeren Zugang jetzt hat zum größeren Blick vom Himmel, aber es ist natürlich nach wie vor ein Teleskop wie wir andere Teleskope schon haben.

Mit der Bitte um "Ja" oder "Nein": Werden wir damit die Frage lösen, ob wir alleine im Universum sind?

Ich glaube das nicht, dass wir die Frage dadurch lösen, aber wir werden dadurch sehr viel näher kommen.

Naja, dann schauen wir mal in die Zukunft. Dankeschön für diese Information.

(Interview: Maria Grunwald)