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Deutsche sehen Israel kritischer

26. Januar 2015

Was halten Israelis von Deutschland und umgekehrt? 50 Jahre nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen beider Nationen hat eine Studie der Bertelsmann-Stiftung spannende Befunde ergeben.

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Die Synagoge in Ulm (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Deutschen haben einen deutlich kritischeren Blick auf Israel als umgekehrt. 48 Prozent der Deutschen teilen eine schlechte Meinung über das Land im Nahen Osten. Bei den Jüngeren zwischen 18 bis 29 Jahren sind es sogar 54 Prozent, wie die Untersuchung der Stiftung des Bertelsmann-Konzerns in Gütersloh ergab. Nur 36 Prozent der Bundesbürger haben eine gute Meinung von Israel. Bemerkenswert ist auch, dass fast zwei Drittel der Deutschen die Arbeit der israelischen Regierung als negativ betrachten.

Umgekehrt haben die jüdischen Israelis ein ausgesprochen positives Deutschlandbild. Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) bekunden eine gute Meinung über Deutschland, nur 24 Prozent eine schlechte. Zum Vergleich: 1991 hatten nur 48 Prozent der Israelis ein positives Bild von Deutschland. Allerdings gibt es auch hier Generationenunterschiede. Bei jüngeren Israelis hat Deutschland ein weniger gutes Image. Von den unter 30-jährigen Israelis bewerten nur 53 Prozent Deutschland positiv. Beide Länder haben am 12. Mai 1965 diplomatische Beziehungen aufgenommen.

Gravierende Unterschiede

Auch beim Umgang mit dem Holocaust offenbart die Studie deutliche Unterschiede. So wollten 81 Prozent der Befragten die Geschichte der Judenverfolgung "hinter sich lassen" und sich gegenwärtigen Problemen widmen, erklärte die Bertelsmann Stiftung. 58 Prozent der befragten Deutschen forderten gar einen regelrechten Schlussstrich. Dies lehnten drei Viertel der Israelis ab.

Die Autoren der Studie untersuchten auch Aspekte antisemitischer Einstellungen. Insgesamt könne der Schluss gezogen werden, dass "klassische antisemitische Einstellungen schwächer werden", schreiben sie. Allerdings setzen 35 Prozent der Bundesbürger die israelische Politik gegenüber den Palästinensern mit dem Nationalsozialismus gleich. 2007 taten dies erst 30 Prozent.

Dissens bei Waffenlieferungen

Der Studie zufolge bestimmt die Wahrnehmung des israelisch-palästinensischen Konflikts zunehmend das Israel-Bild der Deutschen. Zwar meint eine Mehrheit von 74 Prozent der Israelis und 61 Prozent der Deutschen, dass sich aus der Geschichte eine besondere Verantwortung Deutschlands ergibt. Bei der Frage, wie die deutsche Politik diese Verantwortung wahrnehmen soll, gehen die Erwartungen aber auseinander. So erhoffen sich 84 Prozent der Israelis von der Bundesregierung eine politische Unterstützung ihrer Position im Nahostkonflikt. Jeder zweite Deutsche lehnt dies hingegen ab. 82 Prozent der Israelis wünschen sich zudem deutsche Waffenlieferungen an ihr Land. Etwa jeder zweite befragte Deutsche lehnt dies ab.

Israel-Experte Stephan Vopel (Foto: privat)
Israel-Experte VopelBild: privat

Nach Ansicht von Stephan Vopel, dem Israel-Experten der Bertelsmann Stiftung, haben Israelis und Deutsche unterschiedliche Schlüsse aus der Geschichte gezogen. "Für die Deutschen gilt die Maxime 'nie wieder Krieg', für die Israelis heißt es 'nie wieder Opfer'." Vopel forderte in diesem Zusammenhang: "Wir müssen mehr Gelegenheiten für direkte Begegnungen zwischen den Jugendlichen beider Länder schaffen. "

Die Studie "Deutschland und Israel heute: Verbindende Vergangenheit, trennende Gegenwart?" beruht auf Umfragen des Instituts TNS Emnid in Deutschland und von TNS Teleseker in Israel vom Januar 2013. Als Vergleich dienten ähnliche Erhebungen von 1991 und 2007.

kle/wl (afp, kna, dpa, epd)