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Streit um die Quote

8. März 2011

An der Frauenquote scheiden sich die Geister - auch bei einer Debatte im Europaparlament. Nützt die Quote, schadet sie oder ist sie einfach überflüssig?

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gemaltes Bild einer Frau mit Brille mit weiblich- und männlich-Zeichen als Brillengläser (Foto: Europäisches Parlament)
"100 Jahre Kampf" - Plakat im Europaparlament

Im Europaparlament wurde am internationalen Frauentag ein kurzer Film gezeigt. In flimmernden Schwarzweißbildern sah man die Vorkämpferinnen für Frauenrechte zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Seitdem hat sich zwar für die Frauen viel verbessert, aber EU-Justizkommissarin Viviane Reding sagt seufzend: "100 Jahre Kampf, und immer noch kein Ende!" Die Kampffelder sieht Reding vor allem bei der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen.

In der EU liegen die Verdienste beider Geschlechter nach Angaben von Eurostat im Durchschnitt 18 Prozent auseinander, in Deutschland sogar 23 Prozent. Und die Frauen können zwar mittlerweile die besseren Bildungsabschlüsse vorweisen, die führenden Positionen in Staat und Wirtschaft haben aber dann wieder die Männer.

Norwegische Frauenquote als positives oder abschreckendes Beispiel?

Weibliche Hochschulabsolventen der Universität Bonn, eine mit Kopftuch, mit Doktorhüten (Foto: dpa)
Bessere Bildungsabschlüsse führen nicht unbedingt nach obenBild: picture alliance/dpa

Wie schafft man Abhilfe? Die Grünen-Kofraktionsvorsitzende Rebecca Harms sieht vor allem die Kommission in der Pflicht. Um Gleichberechtigung zu erreichen, "brauchen wir Gesetze und Regeln, und dazu gehört die Quote," sagt sie. Noch versucht es die Kommission allerdings mit Freiwilligkeit. Reding droht der Wirtschaft allerdings mit der Quote, wenn nicht bald mehr Frauen auf der Führungsebene vertreten sind.

Viele Abgeordnete zeigen bei der Frauenquote auf das positive Beispiel Norwegen. Doch es war dann eine der ältesten Abgeordneten, die 81jährige luxemburgische Christdemokratin Astrid Lulling, die vom norwegischen Beispiel abriet. Die Zahl börsennotierter Unternehmen in Norwegen sei seit der Quoteneinführung deutlich zurückgegangen. Jedes dritte Unternehmen habe die Frauenquote als Grund für den Rückzug genannt. "Die Kommission muss also gut überlegen und abwägen, ehe Schnellschüsse in dieser Problematik erfolgen," warnte sie.

Der Mann, der aufmuckte

Wie erwartet, beteiligten sich an der Debatte fast ausschließlich Frauen, und die wenigen Männer stimmten den Forderungen meist eifrig zu. Der einzige, der den Mut hatte, offen zu widersprechen, war der Brite Godfrey Bloom von der europaskeptischen UK Independence Party. Als Folge "drakonischer Mutterschutzbestimmen" fänden immer weniger junge Frauen in Großbritannien Arbeit. "Denn wenn Sie ein kleines Unternehmen haben, müssen Sie schon total verrückt sein, wenn Sie eine junge Frau einstellen."

Auch die Quote sei Unsinn. "Frauen, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben, um in eine verantwortungsvolle Position zu kommen, werden durch Quoten bevormundet." Das Ganze sei völlig irrsinnig, "und es ist eine Tragödie, dass niemand von Ihnen je eine richtige Arbeit hatte, sonst würden Sie das verstehen." Natürlich hagelte es Einsprüche und Wortmeldungen. Doch mindestens eine Frau dankte Bloom sogar für seine Rede. Denn sie zeige das ganze Ausmaß der Arbeit, die noch getan werde müsse.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Fabian Schmidt