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Streit über NATO-Einsatz in Libyen

30. März 2011

Die NATO hat offiziell das Oberkommando über den Libyen-Einsatz übernommen. Und wieder gibt es Streit: Die USA ziehen auch Waffenlieferungen an die Rebellen in Erwägung, NATO-Chef Rasmussen ist dagegen.

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Libysche Rebellen (Foto: AP)
Waffen für die Rebellen? Die NATO-Staaten sind sich uneinigBild: AP

Die NATO hat am Mittwoch (30.03.2011) offiziell das Kommando über den gesamten internationalen Militäreinsatz in Libyen übernommen. Das Verteidigungsbündnis will im Wasser, in der Luft, aber nicht mit Bodentruppen gegen den libyschen Diktator Muammar Al-Gaddafi vorgehen. Basis ist die UN-Resolution 1973. Aber erlaubt die auch Waffenlieferungen an die Rebellen? Die NATO-Länder sind sich uneinig.

Bewaffnung der Rebellen eine Option?

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen (Foto: AP)
Will die Rebellen nicht bewaffnen: NATO-Chef RasmussenBild: AP

US-Präsident Barack Obama ist der Ansicht, das Gaddafi-Regime könne dem internationalen Druck nicht mehr lange standhalten. "Unsere Erwartung ist, dass Gaddafi letzten Endes abtreten wird, wenn wir konstanten Druck anwenden", sagte Obama im amerikanischen Fernsehen. Es werde auch erwogen, die Rebellen mit Waffenlieferungen zu unterstützen. "Wir prüfen derzeit alle Optionen", sagte er. Er schließe Waffenlieferungen an die Rebellen nicht aus, derzeit gebe es dafür aber noch keine konkreten Planungen. Eine entsprechende Auslegung der UN-Resolution 1973 hatten auch US-Außenministerin Hillary Clinton und ihr französischer Kollege Alain Juppé angedeutet. Bisher unterliegt Libyen einem Waffenembargo.

Gegen Waffenlieferungen hatte sich NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen ausgesprochen. "Unsere Aufgabe ist es, Menschen zu schützen, nicht, sie zu bewaffnen", sagte er dem britischen Sender Sky News. Auch Großbritannien und Spanien sind der Auffassung, das Embargo gelte für alle Konfliktparteien in Libyen. Für eine Bewaffung der Aufständischen wäre eine neue UN-Resolution nötig´, sagte die spanische Außenministerin Trinidad Jimenez.

Eine "Kontaktgruppe" für Libyen

Die militärische Intervention der westlichen Alliierten soll solange fortgesetzt werden, bis Machthaber Muammar al-Gaddafi die UN-Resolution zum Schutz der Zivilbevölkerung einhält. Darauf hatten sich am Dienstag mehr als 40 Staaten und Organisationen auf der Libyen-Konferenz in London geeinigt. NATO-Vertreter hatten von einem 90-tägigen Einsatz gesprochen. Der Zeitplan hänge aber von den Vereinten Nationen ab.

Delegierte auf der London-Konferenz (Foto: AP)
Politische Lösung? Eine "Kontaktgruppe" solls richtenBild: AP

Vereinbart wurde außerdem die Bildung einer sogenannten Kontaktgruppe, die in Zukunft die politischen Bemühungen zur Lösung des Konflikts zwischen Gaddafi und den Aufständischen koordinieren soll. Über die genaue Zusammensetzung des Gremiums wurde zunächst nichts bekannt. Die Kontaktgruppe soll sich eng mit den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der Afrikanischen Union, der Arabischen Liga und der Organisation der Islamischen Konferenz abstimmen. Zudem ist sie für Kontakte mit libyschen Parteien verantwortlich. Das erste Treffen der Gruppe soll so bald wie möglich in Katar stattfinden.

Opposition plant Fernsehsender

Die libysche Opposition hat in der katarischen Hauptstadt Doha einen eigenen Fernsehsender eingerichtet und will so über den Konflikt im eigenen Land berichten. Libya TV arbeitet nach Angaben seiner Initiatoren eng mit dem oppositionellen Nationalen Übergangsrat in Libyen zusammen und sollte in Kürze erstmals auf Sendung gehen. Der Sender werde von einer "Gruppe professionell arbeitender Libyer aus der ganzen Welt und anderer arabischer Experten" geführt, hieß es in der Erklärung der Initiatoren. Katar unterstützt die Opposition in Libyen und ist ebenso wie die Vereinigten Arabischen Emirate auch am internationalen Militäreinsatz in dem nordafrikanischen Land beteiligt.

Aufständische verlieren an Boden

Libysche Rebellen zwischen Ras Lanuf und Sirte (Foto: AP)
Trotz wehender Fahne: Die Rebellen kommen nicht so schnell voranBild: dapd

In Libyen selbst verlieren die Aufständischen im Kampf gegen die Soldaten Gaddafis derweil nach Korrespondentenberichten weiter an Boden. Sie zogen sich auf Stellungen östlich der Raffinerie-Stadt Ras Lanuf zurück. Gaddafi-Truppen kontrollieren auch die westlich davon gelegene Stadt Bin Dschawwad. Am Dienstag hatten Soldaten den kleinen Ort Naufalija nach schwerem Artillerie- und Raketenbeschuss zurückerobert. Schon damit wurde der Vorstoß der Rebellen auf die 120 Kilometer westlich gelegene Küstenstadt Sirte gestoppt. Sirte ist sowohl von strategischer als auch von symbolischer Bedeutung. Es handelt sich um die Geburtsstadt Gaddafis. Nach Ansicht von Beobachtern wird sich bei der Schlacht um Sirte entscheiden, ob die Rebellen zu weiteren Vorstößen in Richtung Tripolis, dem Machtzentrum Gaddafis, in der Lage sind.

Autor: Thomas Grimmer/Julia Hahn (dpa, dapd, rtr, afp)
Redaktion: Annamaria Sigrist