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"Straflosigkeit für politische Morde in Russland muss beendet werden"

8. Oktober 2009

Anlässlich des dritten Todestages von Anna Politkowskaja fordert Amnesty International die Aufklärung aller politischen Morde an Journalisten und Menschenrechtlern. Die DW sprach mit dem Russland-Experten Peter Franck.

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Mahnwache von AI am 4.9.2009 vor der Botschaft Russlands in BerlinBild: DW

Deutsche Welle: Amnesty International hat dem russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew anlässlich des dritten Todestages von Anna Politkowskaja einen Brief geschrieben. Welche Reaktion erwarten Sie von der russischen Regierung oder direkt von Medwedjew?

Proteste AI Russland
Peter Franck appelliert an russische FührungBild: DW

Peter Franck: Der Mord an Politkowskaja war eigentlich der Anfang einer neuen Serie von politischen Morden in Russland. Wir haben mit Befriedigung gesehen, dass Medwedjew, anders als sein Vorgänger Präsident Putin, nicht zynisch auf diese Morde reagiert hat. Er hat über das Normale hinaus - dass in zivilen Rechtsstaaten Mörder ermittelt werden - auch die Arbeit der Opfer gewürdigt, ihren Beitrag für eine weitere rechtsstaatliche Entwicklung in Russland. Und das gibt Hoffnung. Wir erwarten natürlich, dass diesen Worten auch Taten folgen, dass wirklich sichtbar wird, dass ein Klimawandel entsteht, dass die Straflosigkeit für solche Morde beendet wird.

Sie sind selbst als Richter in Berlin tätig. Welche Details der Ermittlungen empören Sie am meisten?

Wir können die Ermittlungen von außen überhaupt nicht beurteilen. Bevor man nicht die Akten wirklich gesehen oder detaillierte Kenntnisse hat, kann man darüber nur spekulieren. Doch was nach außen dringt, dieses ständige Veröffentlichen von Detailinformationen über Verdächtige, über Aufenthaltsorte von Verdächtigen, die dann über die Zeitungen veröffentlicht werden, hat sicherlich den Ermittlungen nicht gedient. Das hat nach außen kein professionelles Bild entstehen lassen.

Erwarten Sie von der neuen Bundesregierung, namentlich von der FDP, neue Impulse? Bekanntlich will sie Menschenrechte stärker in den Vordergrund stellen als ihre Vorgänger.

Proteste AI Russland
Mahnwache am 4.9.2009Bild: DW

Die Vorgänge um den Prozess von Anna Politkowskaja, die unzureichenden Ermittlungen - diesen Eindruck muss man von außen auch in anderen Mordfällen gewinnen, da die Ermittlungen zu keinen greifbaren Ergebnissen führen - all das ist Teil der rechtsstaatlichen Entwicklung Russlands. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie auch die Verknüpfung zur Frage von Rechtsstaatlichkeit in Russland insgesamt herstellt. Es ist wichtig für ein Land, mit dem man dauerhaft und auf einer verlässlichen Grundlage kooperieren will, dass sich dies auch auf einer rechtsstaatlichen Grundlage vollzieht. Auch für die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist es wichtig, dass man mit einem Partner agiert, bei dem man sich auf eine unabhängige Justiz verlassen oder zumindest darauf vertrauen kann, dass man an einer unabhängigen Justiz weiterarbeitet. Da dies etwas ganz Essentielles in der Zusammenarbeit ist, erwarten wir schon, dass das von der Bundesregierung deutlich gemacht wird.

Autorin: Oxana Evdokimova
Redaktion: Markian Ostaptschuk