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Stichwort: Samarra

Peter Phillipp22. Februar 2006
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Heiligtum in Schutt und AscheBild: picture-alliance / dpa/dpaweb
Goldene Moschee in Samarra Archiv
Goldene Moschee in Samarra (Archiv-Foto)Bild: AP

Der Ort Samarra liegt im so genannten sunnitischen Dreieck, etwas über 100 Kilometer nordwestlich von Bagdad. Seit dem amerikanischen Einmarsch machte Samarra wiederholt Schlagzeilen als Widerstandsnest gegen die Besatzer. Und es wurde verdrängt, dass die einstige Hauptstadt der abbasidischen Kalifen (im 9. Jahrhundert) die bedeutendsten archäologischen Funde der Welt und auch eine der wichtigsten Heiligen Stätten des Schiitentums aufweist.

Anziehungspunkte für Schiiten aus aller Welt

Ganz besondere Bedeutung kommt dem Askari-Schrein zu, über dem sich seit 1905 eine imposante goldene Kuppel erhob. Diese Moschee ist Anziehungspunkt von Schiiten aus aller Welt, weil hier die letzten beiden bekannten Imame beigesetzt sind: Hassan Al-Askari, der elfte Imam, und sein Vater, Ali Al-Hadi, der zehnte Imam. Beide werden von den Schiiten als direkte Nachkommen des Propheten betrachtet, wie aber auch andere vor ihnen wurden sie Opfer andersgläubiger Muslime: Der in Medina geborene Al-Hadi wurde nach Bagdad beordert und nach Samarra geschickt, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 868 unter Hausarrest leben musste.

Sein Sohn, Al-Askari, teilte dieses Schicksal. Als einziger durfte er seinen Vater beisetzen, als dieser vermutlich nach einem Giftanschlag gestorben war. Nur sechs Jahre später wurde auch Hassan Al-Askari vergiftet und an der Seite seines Vaters beigesetzt.

Die Bedeutung Al-Askaris für die Schiiten ist umso größer, als er der Vater von Muhammad al-Mahdi war, des "Zwölften Imam", der wegen der Verfolgung seines Vaters und Großvaters in Samarra versteckt wurde und dann spurlos verschwand. Die Schiiten beten noch heute für die Rückkehr des Mahdi, des zwölften Imam, mit dem die Kette der direkten Nachfahren des Propheten abgebrochen ist. Und so ist Samarra bereits knapp hundert Jahre nach der Ermordung des zehnten und elften Imam sowie dem Verschwinden des Mahdi ein Wallfahrt-Ort geworden, der den Orten Najaf und Kerbala an Bedeutung mindestens gleichkommt: In Najaf befindet sich das Grab des ersten Imam, Ali, und in Kerbala ist Husayn begraben, ein Sohn dieses ersten Imam.

Pilgerziel trotz Feindschaft

Wie wichtig diese heiligen Stätten den Schiiten sind, mag daran abzulesen sein, dass iranische Schiiten noch zu Zeiten Saddam Husseins auf Pilgerfahrt in den Irak gingen, um die Gräber ihrer Heiligen zu besuchen - trotz ihres Grolls auf das Bagdader Regime. Und nach dem amerikanischen Einmarsch in den Irak verstärkte der Pilgerzug sich – trotz der offiziellen Feindschaft zwischen Teheran und Washington. Für die irakischen Schiiten wiederum gehört es seit dem Sturz Saddam Husseins wieder zum festen Programm, die heiligen Stätten zu besuchen. Unter Saddam waren die Schiiten trotz ihrer Bevölkerungsmehrheit unterdrückt und große Pilgerzüge wurden von dem argwöhnischen Saddam-Regime nicht zugelassen.