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Leichenschändung

27. Oktober 2006

Die Fotos, die Bundeswehrsoldaten beim Herumalbern mit einem Totenschädel in Afghanistan zeigen, könnten strafrechtliche Konsequenzen haben. Denn eine "Störung der Totenruhe" wird mit bis zu drei Jahren Haft bestraft.

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Die Totenkopf-Fotos lösten einen Skandal ausBild: AP

Die Bundeswehrsoldaten, deren Fotos die "Bild"-Zeitung am Mittwoch (25.10.) veröffentlichte, haben nicht nur für Empörung gesorgt. Möglicherweise haben sich die Soldaten mit der Zurschaustellung eines menschlichen Schädels auch strafbar gemacht. Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt seit Mittwoch wegen des Verdachts auf "Störung der Totenruhe". Dies ist der juristische Begriff für das, was umgangssprachlich als "Leichenschändung" bezeichnet wird. Laut Paragraf 168 des Strafgesetzbuches kann eine "Störung der Totenruhe" mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden.

"Beschimpfender Unfug"

Strafbar macht sich, "wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten eine Leiche, Leichenteile, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines Verstorbenen wegnimmt, wer daran oder an einer Beisetzungsstätte beschimpfenden Unfug verübt oder wer eine Beisetzungsstätte zerstört oder beschädigt".

Zwar betonte ein beteiligter Soldat gegenüber Bild-Online, dass der Totenschädel aus einer Kiesgrube stamme, wo Afghanen Lehm für Ziegel abgegraben hatten: "Es war kein Friedhof, keine Kultstätte."

Doch laut Paragraf 168 Strafgesetzbuch steht auch die abwertende Zurschaustellung eines Toten unter Strafe. Dies wurde einst auch dem Plastinator Gunther von Hagens vorgeworfen. Er wurde jedoch freigesprochen, da ihm keine besondere Pietätlosigkeit oder Verachtung gegenüber den Toten nachzuweisen war, so die damals ermittelnde Staatsanwaltschaft Heidelberg.

55-mal Leichenschändung in Deutschland 2004

Nach Angaben des statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2004 55 Personen wegen "Störung der Totenruhe" verurteilt. Über die Hälfte der Straftäter waren Jugendliche. Nach Auffassung von Rechtsexperten werden durch eine Leichenschändung das Pietätsgefühl der Angehörigen und das über den Tod hinaus bestehende Persönlichkeitsrecht verletzt.

Die deutsche Justiz kann auch Straftaten von Deutschen im Ausland verfolgen. Die Staatsanwaltschaft Potsdam ist zuständig, weil alle deutschen Soldaten im Ausland von den Einsatzführungskommandos der Bundeswehr im nahen Geltow geleitet werden.(ana)