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Stichwahl in Guinea-Bissau

27. Juli 2009

Guinea-Bissau wurde in den vergangenen Jahrzehnten von Putschen und Staatsstreichen immer wieder destabilisiert. Jetzt hat das Land in einer Stichwahl über seinen zukünftigen Präsidenten abgestimmt.

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Präsidentschaftskandidat Malam Bacai Sanha gibt seine Stimme in einem Wahlbüro ab im Juni 2009 (Foto: dpa)
Kandidat Malam Bacai Sanhá bei der Abstimmung im JuniBild: DPA

Zwei ehemalige Präsidenten standen sich am Sonntag (26.07.2009) in Guinea-Bissau in einer Stichwahl gegenüber. Zum einen Malam Bacai Sanhá, der das Land als Interims-Präsident bereits von 1999 bis 2000 regierte. Er hat in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 28. Juni knapp 40 Prozent der Stimmen erhalten. Sein Gegner ist Kumba Yala, der 29 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte.

Im Jahr 2000 hatten beide schon einmal gegeneinander kandidiert. Damals machte Kumba Yala das Rennen. Seine Amtszeit war jedoch von chaotischen Zuständen geprägt, so dass der Politiker mit seiner charakteristischen, roten Zipfelmütze 2003 in einem unblutigen Putsch abgesetzt wurde. Auch im aktuellen Wahlkampf macht Kumba Yala durch viel Polemik und ungewöhnliche Vorschläge von sich reden. So warf er, ohne irgendeinen Beweis vorzulegen, seinem Gegner Malam Bacai Sanhá vor, von der Terrororganisation Al-Kaida finanziert worden zu sein.

Kühne Pläne für die Hauptstadt

Aufsehen erregen auch die Pläne von Kumba Yala, die Hauptstadt in den Süden des Landes zu verlegen. Aus Buba will er eine Metropole wie New York machen, weil es seiner Meinung nach strategisch so günstig gelegen ist. Hier könne eine Eisenbahnstrecke aus Mali über Guinea-Conakry ankommen, meint er. "Der Süden ist eine Region mit hoher wirtschaftlicher Produktion und bietet Sicherheit für die Bevölkerung. Bissau selbst bliebe als Stadt für den Handel und mit einer ausgeweiteten Bebauungsfläche erhalten." Zwar gibt es seit Jahren vage Pläne, in Buba einen Tiefseehafen zu errichten. Wie dort in der tiefen Provinz eine leuchtende Hauptstadt im Stil New Yorks entstehen soll, ist schwer vorstellbar.

Philosophie und Koranstudien

Mit einer Axt in der Hand präsentiert sich Kumba Yala bei einem Fotoshooting für seine Wahlkampagne im Juni 2009 (Foto: AP)
Philosoph und Kandidat der Opposition: Kumba YalaBild: AP

Der 56-jährige Kumba Yala ist für seine sprunghaften Ideen bekannt. Legendär sind auch die wenige Zeilen langen, oft nur schwer zu verstehenden Gedichte, die der studierte Philosoph verfasst hat. Im vergangenen Jahr konvertierte Kumba Yala vom Christentum zum Islam, nachdem er drei Jahre lang den Koran in Marokko studiert hatte. Kumba Yala gilt als der Kandidat, der am stärksten auf die ethnische Karte setzt. Seine Wahlbasis sind die Balanta, die auch den Großteil der Armeesoldaten stellen. Offiziell ist er für die Partido da Renovação Social (PRS), die Partei der Sozialen Erneuerung, ins Rennen gegangen. Eine Partei, die er selbst gegründet hat.

Als Favorit gilt aber sein Gegner Malám Bacai Sanhá. Er wird von der Regierungspartei Partido Africano da Independência da Guiné e Cabo Verde (PAIGC) unterstützt und kann sich auf den Apparat der ehemaligen Befreiungsbewegung verlassen. Sie hat im vergangenen Jahr die Parlamentswahlen gewonnen und stellt seitdem zwei Drittel der Abgeordneten und den Premierminister Carlos Gomes Júnior.

Drogenhandel und Gewalt

Sollte Malám Bacai Sanha die Wahlen gewinnen, müsste er sich vor allem um die Stabilisierung des Landes kümmern, das unter dem Einfluss der südamerikanischen Drogenmafia leidet. Am 2. März waren sowohl der langjährige Präsident, João Bernardo "Nino" Vieira, als auch der Chef des Generalstabs der Armee, Tagme Na Waié, ermordet worden. Beiden wurde immer wieder nachgesagt, in den Drogenhandel verwickelt zu sein, allerdings ohne dass sie von unabhängiger Seite bewiesen werden konnte. Außerdem töteten Uniformierte am 5. Juni Baciro Dabó, einen der Präsidentschaftskandidaten, und Helder Proença, einen ehemaligen Verteidigungsminister. Beide sollen laut Inlandsgeheimdienst angeblich einen Putsch geplant haben.

Demonstration der Anhänger des Präsidentschaftskandidaten Kumba Yala (Foto: AP)
Unterstützer der PRS und des Kandidaten Kumba Yala feiern schon vor der Wahl auf den Straßen von BissauBild: AP


Kein Wahlkampfduell

Der 62-jährige Malam Bacai Sanhá setzt nun auf den Dialog als Konfliktlösung: "Wenn wir den Frieden bewahren wollen, können wir nicht mit Gewalt die Probleme in den Streitkräften lösen. Wir müssen die Streitkräfte an der Lösung unserer und ihrer eigenen Probleme beteiligen." Die Probleme der Armee seien nationale Probleme, so Malam Bacia Sanhá weiter. "Bei den Militärs handelt es sich um Führungskräfte, die argumentieren können, die wissen, was die Sicherheit und die Souveränität des Landes bedeuten. Wir werden also mit ihnen diskutieren."

Nicht diskutieren wollte Malam Bacai Sanhá dagegen mit Kumba Yala. Er lehnte das Angebot eines öffentlichen Wahlkampfduells ab. Insgesamt ist im Vorfeld der Abstimmung nur sehr wenig über politische Projekte und Ideen gesprochen worden. Die Wähler hatten dies im ersten Wahlgang bereits mit einer Enthaltung quittiert: 40 Prozent waren zu Hause geblieben.

Stabilität ist abhängig vom Wahlverlierer

Mit Spannung und Nervosität wird nun erwartet, ob die beiden Kandidaten die Wahlergebnisse akzeptieren werden. Dies haben sie zumindest beide versprochen, wie zuletzt Kumba Yala: "Natürlich werden wir gerechte und eindeutige Ergebnisse akzeptieren. Ergebnisse, die keine Verständnisschwierigkeiten verursachen. Wir sind Demokraten und haben da schon Beispiele gegeben." Er werde jedoch keine manipulierten Ergebnisse akzeptieren, so wie die bei den Wahlen 1994, als João Bernardo Vieira zum Sieger erklärt wurde."Wir werden keine weiteren Manipulationen mehr akzeptieren!", so Kuma Yala.

Autor: Johannes Beck

Redaktion: Stephanie Gebert