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Energielieferant Wald

4. November 2009

Ein Drittel Deutschlands ist von Wald bedeckt. 50 Prozent des allgemeinen Endenergieverbrauchs werden zur Wärmeproduktion benötigt. Logisch, dass Holz auch eine Rolle als Wärmelieferant spielen kann. Nur welche?

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Holzhackschnitzel (Foto: DW)
Berge voll Energie - Holzhackschnitzel auf dem Weg zur WeiterverarbeitungBild: DW
Holzpellets (Foto: DW)
Frische Ernte: Holzpellets direkt aus der PresseBild: DW

Im Grunde steht das ehemalige Benediktinerkloster Klosterreichenbach nicht gerade für Innovation. Das rote Sandsteingebäude inmitten der tiefgrünen Fichtenwälder des Nordschwarzwaldes symbolisiert eher Beständigkeit, Kontinuität, manche mögen es auch Sturheit nennen. Wenn Siegfried Morath allerdings dem Rieseln in den Stahlrohren des angrenzenden Gemeindehauskellers zuhört, dann klingt das für den selbstständigen Heizungsplaner aber durchaus nach Zukunft.

Holz als Alternative zu Erdgas, Heizöl und Kohle

Dort hat er die alte Ölheizung durch einen modernen, holzbefeuerten Brennkessel ersetzt. Und durch die Stahlrohre poltert jetzt der klein gehackte Holznachschub bis zum Kessel: "Es war klar, die Gemeinde wollte weg vom Öl." Kirche, Gemeindehaus und anliegendes Freibad sollten mit einer einzigen Heizung verbunden werden, die sparsam und gleichzeitig klimafreundlich ist. "Da boten sich Holzpellets als Brennstoff an, denn auch eine moderne Gasheizung hätte die Abhängigkeit von der Mineralölwirtschaft nicht verringert", sagt er vor einem grünen Kessel, der so lang ist wie ein ausgewachsener Mann.

Kloster Reichenbach im Schwarzwald (Foto: DW)
Kloster Reichenbach im Schwarzwald - umgeben von den Wäldern bei BaiersbronnBild: DW

Ein Pellet, das ist industriell verarbeitetes Naturholz, etwa so groß wie eine Schraube. Die Holzwürmchen werden heute meist aus Holzabfällen von Sägereien und Schreinereien gepresst, mit erstaunlichen Eigenschaften, sagt Martin Bentele vom Deutschen Energieholz und Pellet-Verband (DEPV): "Pellets sind komprimierte Energie, in einem Kilo Pellet findet sich umgerechnet soviel Energie wie in einem halben Liter Öl." In Deutschland setzen bereits mehr als 100.000 Haushalte bei ihrer Wärmeerzeugung auf die Kraft der Holzwürmchen.

Energieholz und das CO2-Einsparversprechen

Holzlager (Foto: DW)
30 Lastwagenladungen Holz werden in Ettenheim jeden Tag zu Pellets weiterverarbeitetBild: DW

Die 200 Kilowatt-Pelletsanlage in Klosterreichenbach versorgt nun wie geplant Gemeinde, Kindergarten und Freibad. Vom Brennvorgang übrig bleiben mollige Wärme und zwei große Kästen Asche, die alle drei Wochen geleert werden müssen. Und das Versprechen der Befürworter dieser Technik, dass jede Pelletheizung im Vergleich zu einer Ölheizung im Schnitt rund fünf Tonnen CO2 pro Jahr einspart. Der Grund ist simpel: das verfeuerte Holz gibt theoretisch nur die Menge des Treibhausgases Kohlendioxid frei, das der Baum während seiner Lebenszeit aus der Luft aufgenommen hat. Ein unglaubliches CO2-Einsparpotential, meint Pellet-Experte Bentele: "Immerhin werden 50 Prozent der in Deutschland verbrauchten Endenergie für Wärme eingesetzt."

Doch auch wenn die Verbrennung des Energieträgers Holz einigermaßen schonend für die CO2-Bilanz ist, der positive Effekt ist dahin, wenn der Ofen nicht optimal befeuert wird. Vor allem traditionelle Kaminöfen mit schlechter Luftzufuhr produzieren bei unvollständiger Verbrennung gefährlichen Feinstaub, der im Verdacht steht, Krebs zu erregen. Die maschinell gleichmäßig getrockneten Pellets, verfeuert in modernen Kesselanlagen, tragen dagegen zu einer Reduzierung des Feinstaubausstoßes bei. Die Debatte um Feinstäube und CO2-Minderungspotential wird aber auch in Zukunft den Energieträger Holz begleiten.

Die Revolution im Heizkessel hat erst begonnen

Holzpellets (Foto: DW)
Kleine Energiepakete in Schraubengröße: HolzpelletsBild: DW

Noch heizen die meisten der 36 Millionen Privathaushalte in Deutschland aber mit fossilen Brennstoffen. Knapp 80 Prozent setzten 2008 Erdgas, Heizöl oder Kohle ein. Dagegen wurden nur sieben Prozent des Wärmebedarfs durch erneuerbare Energien wie Biomasse, Biogas, Solarthermie oder Erdwärme gedeckt. Ein noch bescheidener Beitrag zur Wärmeproduktion, der nach dem Willen der Bundesregierung bis 2020 mindestens verdoppelt werden soll – zumindest bei Neubauten. Den größten Anteil davon hat der Brennstoff Holz, wobei traditionelle Kaminöfen moderne Pellets-Heizkessel in ihrer Verbreitung noch immer weit hinter sich lassen. Doch die Branche geht davon aus, dass sich das bald ändert. Bis 2015 soll sich die Zahl der Pelletsheizungen in Deutschland auf 500.000 verfünffachen. Und 2020 könnten gar eine Million Haushalte mit den Holzwürmchen heizen.

Ob sowohl die Ziele der Bundesregierung wie auch die Prognosen der Pelletsbranche realistisch sind, wird vor allem das Gerangel um den Energieträger Holz entscheiden. Denn je mehr Holz verfeuert wird, desto mehr tritt die energetische Nutzung von Holz in Konkurrenz mit traditionellen Verwertern wie der Papierindustrie und der Holzwerkstoffbranche. Auch im waldreichen Deutschland stellt sich dann die Frage, ob der Holznachschub allein aus dem Abfall der Sägeindustrie bestritten werden kann. An Holzplantagen auf dem Acker wird gedacht, und eben auch an gezieltes einschlagen von Pellet-Holz im Wald. Das ruft Naturschützer und die Holz verarbeitenden Betriebe auf den Plan, die vor einem "Ausbluten der Wälder" warnen, wenn hier nicht nachhaltig gewirtschaftet würde.

Quo Vadis Holz: Verheizen oder weiterverarbeiten?

Wald (Foto: DW)
Energiequelle am Wegesrand: Holz wird seit Jahrhunderten in Deutschland zur Wärmegewinnung genutztBild: DW

Die Pellets-Branche rechnet dagegen: derzeit würden in Deutschland nur 60 Prozent des jährlich zugewachsenen Holzes als Bau oder Energieholz genutzt. Weniger als ein Siebtel davon für Pellets. Raubbau sei das nicht, so die Branche. In Klosterreichenbach bleibt man dagegen erst mal auf dem Boden. Heizungsplaner Morath kennt in der näheren Umgebung nur sieben in der Kapazität vergleichbare Anlagen. Und dass, obwohl der Rohstoff quasi vor der Tür wächst.

Autor: Richard A. Fuchs

Redaktion: Manfred Götzke