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Staudämme: Bedrohung für Mensch und Natur?

Kerstin Winter14. März 2004

Am Sonntag (14.3.) findet zum 7. Mal der internationale Aktionstag gegen Staudämme statt. Im Visier der Kritiker: Groß-Staudämme weltweit. Denn: Sie bedrohen das Leben schlechthin.

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Über 100 Meter hoch: Der "Drei-Schluchten-Staudamm" in ChinaBild: AP


Schon in wenigen Monaten werden in China die Bauern aus Fuling ihre Felder in den braunen Fluten des Jangtse verschwinden sehen. Das Ende ist bereits in Sicht, die alten Lehmhäuser sind schon abgerissen. Zum letzten Mal dürfen die Bauern die Gemüsefelder abernten, die ihre Familien seit Generationen bewirtschafteten. Im Juni ist es dann soweit: der Fluss Jangtse, die Lebensader vieler Millionen Menschen, beginnt sich aufzustauen. Bis zur endgültigen Fertigstellung des sogenannten "Drei-Schluchten-Stausees" in fünf Jahren müssen 1,4 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen. Fast 600 Kilometer lang soll der gigantische Stausee werden und in erster Linie einen Teil des rasant wachsenden Energiebedarfs im aufstrebenden Reich der Mitte abdecken.

80 Millionen Menschen sind betroffen

Den Bauern aus Fuling geht es wie rund 80 Millionen Menschen weltweit, die durch große Staudämme in den letzten 50 Jahren vertrieben worden sind. Und am Jangtse sollen noch 40 weitere Staudämme entstehen. Die Umweltschutzorganisation RiverNet ist eine von mehreren Initiativen, die seit Jahren auf die langfristigen und irreparablen Schäden durch Groß-Staudämme hinweisen. Für sie steht der Nutzen in keinem Verhältnis zu den angerichteten Umweltschäden, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die direkt betroffenen Menschen.

Euphrat - Staudamm in der Turkei
Euphrat - Staudamm in der TürkeiBild: AP

40.000 Groß-Staudämme gibt es weltweit

Groß-Staudämme sind höher als 15 Meter. Etwa 40.000 davon gibt es auf der ganzen Welt. 45.000 weitere sind in Planung und versprechen den mit dem Bau betrauten Konzernen hohe Profite. Siemens zum Beispiel zählt zu den wichtigsten Auftragnehmern. Riesen-Staudämme wie der "Drei Schluchten-Stausee" in China, die höher als 100 Meter sind und riesige Wassermassen stauen, stellen eine enorme Gefahr für das Weltklima dar. Denn in vielen Fällen werden nicht nur wertvolles Agrarland, sondern auch Wälder überflutet, was wiederum zu einem Fäulnisprozess der Bäume führt, der das gefährliche Methangas erzeugt. Auch die Austrocknung der Flüsse hat katastrophale Konsequenzen. Viele Schutzgebiete gehen verloren, auch wenn sie durch internationale Konventionen geschützt sind.

Projekte haben Erwartungen nicht erfüllt

Die Großprojekte der letzten 50 Jahren haben die hohen Erwartungen nicht erfüllt. Umweltorganisationen wie RiverNet fordern Alternativen, da mehr als zwei Drittel der Staudämme nicht zur Stromerzeugung gedacht sind, sondern zur Bewässerung von riesigen und kostspieligen Landwirtschaftprojekten.

Assuan-Staudamm in Ägypten
Der Assuan-StaudammBild: imago/Harald Lange

Die Lobby-Arbeit der Umweltorganisationen und der Aktionstag gegen Riesen- und Groß-Staudämme zeigt bereits Wirkung: Weltbank, NGOs und Entwicklungsorganisationen untersuchten die ökonomischen und ökologischen Auswirkungen der großen Staudämme. So wies die Staudamm-Kommission nach, dass die Projekte vielfach ineffizient sind und zwei bis drei Mal teurer werden als geplant. Außerdem könnten die entstandenen Kosten häufig genug nie wieder eingespielt werden. Bezahlt werden diese Projekte dann mit dem Raubbau an der Natur. So wurde z.B durch eine Fehlkalkulation die errechnete Menge an Elektrizität nicht erreicht. Daraufhin hatte die Kommission Empfehlungen für Staudamm-Projekte erstellt.