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Starke Liberale ebnen Weg für Schwarz-Gelb

28. September 2009

Der Abschluss des "Superwahljahres" 2009 hat die politische Landschaft in Deutschland durcheinander gewirbelt. Die Große Koalition aus Union und SPD ist Geschichte. Die Zeichen stehen nun auf Schwarz-Gelb.

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Guido Westerwelle und Angela Merkel (Foto: AP)
Das neue "Traumpaar": Westerwelle und MerkelBild: AP

Union und FDP haben bei der Bundestagswahl ihr Ziel erreicht: Trotz eines schwachen Wahlergebnisses für die konservativen Unionsparteien CDU und CSU können diese gemeinsam mit den überraschend starken Liberalen eine neue "schwarz-gelbe" Regierung bilden. Die Sozialdemokraten stürzten auf ein historisches Tief, Grüne und Linke schnitten so stark wie nie zuvor ab.

Schnelle Koalitionsgespräche

Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ sich am Sonntagabend als Wahlsiegerin feiern, kündigte aber zugleich an, "die Bundeskanzlerin aller Deutschen" sein zu wollen. Sie setze nun auf "schnelle, auf entschiedene Koalitionsverhandlungen" mit der FDP, sagte Merkel. Die beiden Parteien wollen bereits an diesem Montag (28.09.2009) erste Gespräche führen. Befürchtungen politischer Gegner, es könnte nun zu einem "sozialen Kahlschlag" in Deutschland kommen, wies die Kanzlerin zurück.

Angela Merkel (Foto: AP)
Kanzlerin Angela Merkel nach ihrem Wahlsieg in der CDU-Zentrale: "Tolles geschafft"Bild: AP

Merkel bekräftigte ihre Absicht, an den im Wahlkampf versprochenen Steuersenkungen festzuhalten, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Auch der designierte Vizekanzler, FDP-Chef Guido Westerwelle, versicherte, seine Partei wolle ihre Steuersenkungsversprechen in einer Regierung mit der CDU/CSU "Schritt für Schritt umsetzen".

"Nach vorne kämpfen"

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier räumte eine "bittere Niederlage" seiner Sozialdemokraten ein. Zugleich kündigte er an, für den Fraktionsvorsitz im Bundestag zu kandidieren. Er wolle Verantwortung als Oppositionsführer übernehmen, sagte er in Berlin. Kleiner Trost für Steinmeier: Er holte immerhin das Direktmandat in seinem Wahlkreis in Brandenburg.

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering versicherte: "Die deutsche Sozialdemokratie wird sich wieder nach vorne kämpfen." Ob er erneut als Parteichef kandidieren wird, ließ Müntefering offen. Der Parteichef wörtlich: "Wir wissen, wir haben die Verantwortung, rechtzeitig vor dem Parteitag im November neu aufgestellt zu sein."

Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering (Foto: AP)
Konnten "Schwarz-Gelb" nicht verhindern: Kanzlerkandidat Steinmeier und SPD-Chef MünteferingBild: AP

Beste und schlechteste Ergebnisse

Wie der Bundeswahlleiter in der Nacht zum Montag mitteilte, erzielten die beiden Unionsparteien insgesamt 33,8 Prozent (minus 1,4 Punkte) der Stimmen. Deutlich schlechter als erwartet fiel das Ergebnis der bayerischen CDU-Schwesterpartei CSU aus: Nur knapp 43 Prozent für die lange Zeit erfolgsverwöhnten Christsozialen sind deren schlechtestes Ergebnis seit 60 Jahren.

Geradezu desaströs schnitt die SPD ab: Nur noch 23 Prozent der Wähler wollten den Sozialdemokraten ihre Stimme geben - das entspricht im Vergleich zur letzten Bundestagswahl 2005 einem Rekordminus von 11,2 Prozentpunkten.

Zulegen konnten hingegen alle bisherigen Oppositionsparteien im Bundestag: Am meisten profitierte Westerwelles FDP, die um 4,8 Punkte auf 14,6 Prozent kletterte.

Guido Westerwelle mit anderen FDP-Spitzenpolitikern (Foto: AP)
FDP-Chef Guido Westerwelle: Wird er der neue deutsche Außenminister?Bild: AP

Die Linke kam auf 11,9 Prozent (2005: 8,7), die Grünen auf 10,7 Prozent (2005: 8,1). Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth lobte das zweistellige Ergebnis ihrer Partei und sagte: "Schwarz-Gelb hat eine starke Opposition verdient. Und die bekommt sie jetzt - knallgrün!" Der Vorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine, stellte fest, seine Partei habe sich mit dem besten Ergebnis ihrer Geschichte nun endgültig etabliert.

Für Ernüchterung sorgte die Wahlbeteiligung: Lediglich 70,8 Prozent der mehr als 62 Millionen Wahlberechtigten machten ihr "Kreuzchen". Ein neuer Tiefstand, nachdem die Wahlbeteiligung 2005 immerhin noch bei 77,7 Prozent gelegen hatte.

Wie geht's nun weiter?

Zunächst bleibt noch für eine Weile alles beim Alten: Kanzlerin Merkel amtiert weiter als Regierungschefin der Großen Koalition, alle Minister bleiben auf ihren Posten. Spätester Termin für die Konstituierung des neuen Bundestages ist nach Artikel 39 des Grundgesetzes der 30. Tag nach der Wahl - diesmal Montag, der 26. Oktober.

2005 verging von der Wahl am 18. September bis zur Konstituierung des neuen Bundestages genau ein Monat. Einen weiteren Monat später wurde der schwarz-rote Koalitionsvertrag unterzeichnet. Angela Merkel wurde am 22. November, also 65 Tage nach der Wahl, zur Bundeskanzlerin gewählt. (wa/sti/dpa/afp/ap/rtr)