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Schnüffeln verboten

5. Februar 2007

Der Bundesgerichtshof hat deutschen Behörden verboten, Computer unbemerkt auszuspionieren. Dafür fehle die Rechtsgrundlage, mahnen die Richter.

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Schnüffeln verboten: geheime Ermittlungen an Computern sind nicht vom Gesetz gedeckt
Schnüffeln verboten: geheime Ermittlungen an Computern sind nicht vom Gesetz gedecktBild: Bilderbox

Mit seinem Urteil von Montag (5.2.07) vereitelt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe Pläne, mit deren Hilfe sich Ermittlungsbehörden den Zugriff auf Computer-Festplatten sichern wollten. Der Staat dürfe sich nicht heimlich in privat oder geschäftlich genutzte Computer einschleichen und deren Daten untersuchen. Nach dem Richterspruch des Dritten Strafsenats gestatte die Strafprozessordnung keine verdeckten Online-Durchsuchungen, sondern nur offene.

PC-Spionage durch den Staat ist nichts Neues

Hintergrund ist, dass der Staat durch so genannte trojanische Pferde die gesamte Festplatte eines Computers heimlich durchsuchen kann. Das Mittel wurde in der Vergangenheit bereits gegen Beschuldigte eingesetzt, etwa um die Mails mutmaßlicher Mitglieder einer kriminellen Bande zu lesen. Die Durchforstung konnte nur stattfinden, solange der Computer des Beschuldigten eingeschaltet war. Die Maßnahme musste durch einen Richter angeordnet werden.

Ein Ermittlungsrichter des BGH hatte im Dezember 2006 einen Antrag der Generalbundesanwältin Monika Harms auf Online-Durchsuchung abgelehnt, weil es hierfür keine gesetzliche Grundlage gebe. Eine Online-Razzia sei keine übliche Maßnahme wie etwa die Durchsuchung einer Wohnung, bei der der Beschuldigte oder mindestens ein Zeuge anwesend sein müsse, die Maßnahme daher also nicht heimlich erfolge. Dagegen hatte die Bundesanwaltschaft Beschwerde eingelegt, die der Dritte Strafsenat des BGH jetzt abschlägig beschieden hat.

Tiefer Einschnitt ins Selbstbestimmungsrecht

Nach der Entscheidung des Ermittlungsrichters kann die Online-Durchsuchung auch nicht mit einer Telefonüberwachung verglichen werden, da laut Bundesverfassungsgericht bereits abgespeicherte Daten nicht mehr Teil der Telekommunikation sind. Da es folglich kein Gesetz für heimliche Online-Durchsuchungen gebe, diese aber einen tiefen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht darstellten, könnten sie gegenwärtig nicht genehmigt werden. Beobachter gingen davon aus, dass der Bundesgerichtshof in seiner Urteilsbegründung dieser Argumentation folgen würde.

Die Bundesanwaltschaft sah die Online-Durchsuchung dagegen durch die geltenden Vorschriften zur Wohnungsdurchsuchung gedeckt. Die obersten Karlsruher Ermittler hatten deshalb Beschwerde gegen die Entscheidung des Ermittlungsrichters eingelegt, die durch das am Montag verkündete Urteil nun zurückgewiesen wurde.

Urteil mit Folgen

Die Entscheidung ist brisant, weil das Bundesinnenministerium erst vor kurzem die technischen Voraussetzungen für Online-Durchsuchungen beim Bundeskriminalamt verbessern wollte. Damit sollte unter anderem die Aufklärung möglicher Terrorplanungen verbessert werden. Nach dem BGH-Beschluss muss der Gesetzgeber solche Untersuchungen auf eine neue gesetzliche Grundlage stellen. (al)