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Späte Rente

Nina Werkhäuser28. Oktober 2005

Es macht nicht so viel Spaß, den Koalitionsverhandlungen der beiden großen Volksparteien zuzuschauen. Obwohl wir Deutsche dabei erfahren, wie wir unsere Zeit künftig wieder sinnvoll verbringen können…

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Nämlich mit noch mehr Arbeit für diejenigen, die noch welche haben. Schluss mit der Freizeitgesellschaft! Künftig wird geackert bis ins hohe Alter. Die Große Koalition erwägt allen Ernstes, uns bis zum zarten Alter von 67 in den Büros verschimmeln zu lassen – zurzeit dürfen wir dem Arbeitgeber mit 65 den Rücken kehren. Überflüssig zu erwähnen, dass wieder mal das liebe Geld schuld ist. In der Rentenkasse fehlen so viele Milliarden, dass es die Vorstellungskraft übersteigt. Gemessen an diesem Riesen-Loch wäre ein Renteneintrittsalter von frühestens 80 der einzig mögliche Befreiungsschlag.

An der Realität vorbei

Und an dieser Stelle kommen die Ärzte ins Spiel, die mit der Politik sonst nur auf Kriegsfuß stehen. Jetzt bestätigen sie prompt eilfertig, dass wir alle künftig noch länger leben und auch viel fitter für die Arbeit im hohen Alter sein werden. Das ist ja beruhigend, aber wie sieht die Wirklichkeit aus? Schon heute arbeitet kaum noch jemand mit über 60. Wenn Personal abgebaut wird, dann werden zuerst die älteren Arbeitnehmer in den vorgezogenen Ruhestand geschickt, ob in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst. Arbeitssuchende über 45 berichten, dass sie kaum noch eine Chance auf Einstellung haben – zu alt!

Zu viel verlangt

Wie soll das also gehen mit der Rente ab 67 oder vielleicht ab 70? Natürlich wird kaum jemand so lange arbeiten können oder dürfen. Auf diese Weise werden hinterrücks die Renten gekürzt. Denn wer früher geht, bekommt weniger Kohle – so einfach ist das. Dabei sinken die Renten faktisch jetzt schon Jahr für Jahr. Seit 2003 gibt es eine Nullrunde nach der anderen für die Rentner, deren Kaufkraft somit stetig abnimmt. Gleichzeitig werden die Beitragssätze zur Rentenversicherung allen ernsthaften Prophezeiungen zufolge wieder steigen. Und dann jammern die Politiker wieder im Chor, wir würden alle zu wenig konsumieren und unser Geld im Sparstrumpf verstecken. Tja, alles auf einmal kann man eben doch nicht von uns verlangen: Sparen, konsumieren, mit dem Krückstock noch zur Arbeit gehen und bei alldem auch noch ständig gut gelaunt sein. Das geht einfach zu weit!