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Gabriel kritisiert "Scheindiskussion"

2. November 2015

SPD-Chef Gabriel wirft seinen konservativen Koalitionspartnern vor, mit ihrem Beharren auf Transitzonen eine Diskussion um Scheinlösungen zu führen. Das Problem liege ganz woanders.

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Sigmar Gabriel (Foto: Getty)
Bild: Getty Images/A. Berry

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die Union aufgefordert, die Forderung nach Transitzonen für Flüchtlinge fallenzulassen. "Die Debatte um sogenannten Transitzonen ist aus unserer Sicht eine totale Scheindiskussion", sagte Gabriel in Berlin. Nur ein Bruchteil der neu ankommenden Asylsuchenden stamme aus den Balkan-Staaten und habe keine Bleibeperspektive. "Ich weiß nicht, was es für einen Sinn machen soll, Transitzonen für 2,4 Prozent der Flüchtlinge einzurichten." Die tatsächliche Herausforderung sei aber die große Masse der Flüchtlinge wie etwa Syrer, die in Deutschland bleiben dürften.

"Wir brauchen keine neuen Einrichtungen, sondern müssen das machen, was wir verabredet haben", so der Vize-Kanzler weiter. Die von der SPD favorisierten Einreisezentren zur Registrierung und Weiterverteilung von Flüchtlingen würden auf bestehenden Strukturen aufbauen. "Wir sind außerordentlich unzufrieden darüber, dass das eigentliche Kernproblem, nämlich die Verfahrensbeschleunigung bei Asylantragstellern im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht besser wird", sagte Gabriel. Nötig seien zudem Anstrengungen für Bildung, Sprachausbildung, Arbeitsmarktintegration und für mehr Wohnungsbau für Flüchtlinge.

Horst Seehofer und Angela Merkel (Archivbild)
Horst Seehofer und Angela Merkel (Archivbild)Bild: Imago

Mit Blick auf das erneute Treffen der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD zu Transitzonen am Donnerstag sagte Gabriel: "Wenn es da keine Einigung gibt, dann gibt es eben keine Einigung. Das ändert an den Herausforderungen gar nichts." Er sei sicher, dass man sich über eine Vielzahl von Dingen werde verständigen könne, über manche aber nicht.

Die Union forderte die Sozialdemokraten zum Einlenken auf. "Die SPD muss sich jetzt mal bewegen", sagte die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt im Deutschlandfunk. Das in den Transitzonen vorgesehene Verfahren sei gedeckt durch eine EU-Richtlinie, ergänzte Hasselfeldt. Entgegen der Darstellung der SPD würden keine Haftanstalten errichtet. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer betonte in München, von allen wichtigen Maßnahmen seien die Transitzonen die "vordringlichste".

Flüchtlinge warten am deutsch-österreichischen Grenzübergang Wegscheid (Foto: dpa)
Flüchtlinge warten am deutsch-österreichischen Grenzübergang WegscheidBild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

Die SPD hielt indes an ihrem Vorwurf fest, die Union plane Hafteinrichtungen. "Transitzonen wie sie im Papier der Unionsparteien vorgeschlagen werden, können nur funktionieren, wenn man Tausende Menschen dort festhält, also inhaftiert", sagte die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD) in Berlin. Praktisch sei das gar nicht anders denkbar als "riesige Lager, in denen ganze Familien, Männer, Frauen und Kinder eingesperrt werden", sagte die Staatsministerin.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund appellierte an die Koalitionspartner, sich schnell zu einigen. Ob sich die Regierung am Ende auf Transitzonen oder auf Einreisezentren verständigt, sei unwichtig, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Radiosender SWR info: "Ich sehe da, ehrlich gesagt, gar nicht so einen Riesenunterschied."

Nach Darstellung von Regierungssprecher Steffen Seibert steckt die große Koalition trotz der fehlenden Einigung der Parteichefs auf neue Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingsströme nicht in einer Krise. Die Chefs von CDU, CSU und SPD hätten am Sonntag ein gutes und konstruktives Gespräch geführt, sagte Seibert in Berlin. Überhaupt handele die Regierung in der Flüchtlingskrise seit Monaten auf Basis gemeinsamer Überzeugungen. Als Beispiel verwies er auf das unlängst beschlossene Asylpaket. Seibert räumte ein, neben Gemeinsamkeiten gebe es noch offene Punkte, die geklärt werden müssten "und auch geklärt werden". Sorgen um die deutsche Regierung müsse sich niemand machen, sagte er auf die entsprechende Frage eines Journalisten.

stu/uh (dpa, epd, rtr)