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Somalische Islamisten erobern Piratennest

4. Mai 2010

Islamistische Rebellen haben in den vergangenen Tagen einen wichtigen Stützpunkt der Piraten erobert. Nach eigenen Angaben wollen die Milizen das Piratenwesen beenden und die Seeräuber vertreiben. Was sind ihre Motive?

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Milizionäre (Foto: AP)
Bewaffnete Milizen haben eine Piratenhochburg erobertBild: AP

Eigentlich ist Harardere nur ein verschlafenes Fischerdorf 500 Kilometer nördlich von Mogadischu. Doch seit Beginn der Piraterie-Welle vor Somalias Küste hat sich der Ort zur wichtigsten Basis der Piraten entwickelt und mittlerweile die Hafenstadt Eyl als Rückzugsgebiet abgelöst. Umgeben von Wüste, mit umliegenden Städten nur über eine einzige Straße verbunden, bietet es ideale Bedingungen, um Raubzüge in Ruhe vorbereiten zu können und dennoch Ausweichmöglichkeiten bei Angriffen von außerhalb zu haben.

Ausweichen, um zurückzuschlagen

Festnahme von Piraten (Foto: AP)
Internationale Marineverbände, darunter auch deutsche Truppen, jagen Piraten vor SomaliaBild: AP

Und diese Ausweichmöglichkeiten haben die Piraten in den vergangenen Tagen nutzen müssen. Kämpfer der Hizb el Islam-Miliz waren mit einem Dutzend Fahrzeugen und schwer bewaffnet in den Ort eingedrungen. Die Ankunft der Milizen war den Piraten offenbar bekannt, denn am vergangenen Wochenende hatten sie Harardere verlassen. Ein Anwohner: "Es gab keinen Kampf, da die Islamisten auf keinen Widerstand gestoßen sind." Ein weiterer Augenzeuge berichtet, dass sie die Polizeistation und andere wichtige Stellungen besetzten.

Ziel der Islamisten ist es nach Angaben ihres Führers Sheich Ahmed Abu Yahya "in ganz Somalia die Sharia einzuführen. Harardere ist jetzt Teil der Städte, in denen die Sharia angewendet wird. Und von jetzt an wird hier keine Piraterie mehr sein."

Zugang zum Meer entscheidend

Geht es den islamistischen Milizen tatsächlich nur um die Einführung der Sharia und das Ende der Piraterie? Die Seeräuber werfen den Milizen Eigennutz vor. Ihr Sprecher Mohamed Hassan erklärte: "Die Islamisten wollen einen direkten Zugang zum Meer." Der Grund: Über den Seeweg können leichter Waffen, Munition und Kämpfer ins Land gebracht werden.

Wüste bei Hobyo (Foto: AP)
Rückzugsgebiet für Piraten: Die Wüste bei HobyoBild: AP

Unbestätigten Informationen zufolge hatten die Islamisten vor dem Einmarsch nach Harardere auch mit den Piraten über eine Beteiligung an den Einnahmen aus dem Entführungsgeschäft verhandelt. Die Gespräche seien aber gescheitert. Möglicherweise könnten die Milizen jedoch ein Bündnis mit anderen Piraten eingehen, die sich noch auf geenterten Schiffen befinden. So könnten sie zum einen vorgeben, im nationalen Interesse zu handeln und die Piraterie zu bekämpfen – und auf der anderen Seite von den Piraten und dem Zugang zum Meer profitieren.

Könige der Region werden nicht davonlaufen

Ein Teil der Piraten ist in die weiter nördlich gelegene Stadt Hobyo geflohen, die noch näher an der Küste liegt als Harardere. Auch sollen drei Schiffe, die in der Hand von Piraten sind, in die Nähe von Hobyo gebracht worden sein. Anwohner aus Haradere hatten die Piraten bei ihrer Flucht aus der Stadt beobachtet und gesehen, wie sie außer einigen Habseligkeiten vor allem Waffen und Munition mitgenommen hatten. Für den Augenzeugen Ali Muktar ist klar: "Die Piraten waren die Könige der Region. Sie werden zurückschlagen und ihre Einnahmequelle nicht aufgeben."

Autor: Dirk Bathe (afp, apn)
Redaktion: Stephanie Gebert