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Solidarität für Russland

Monika Lohmüller1. November 2002

Ein aktueller Bericht von Amnesty International zeigt: Die schweren Menschenrechtsverletzungen, die über viele Jahre hinweg das Bild der ehemaligen Sowjetunion geprägt haben, gehören nur zum Teil der Vergangenheit an.

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Das Plakat zur Kampagne

Für die über 144 Millionen Menschen, die heute in der Russischen Föderation leben, hat die Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 tiefgreifende Veränderungen mit sich gebracht. Durch politische Reformen wurden auch das Recht auf freie Meinungsäußerungen und Bewegungsfreiheit gesetzlich festgeschrieben.

Trotzdem verstoßen russische Sicherheits- und Ordnungskräfte auch heute noch gegen Menschenrechte - ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Das geht aus einem Bericht von Amnesty International hervor, der in Berlin vorgestellt wurde. Für die Menschenrechtsorganisation sind diese Erkenntnisse Anlass genug, eine weltweite Kampagne für Menschenrechte in der russischen Förderation zu starten.

Kampagne für Menschenrechte

Durch den Bericht und die damit verbundene Kampagne möchte Amnesty International ein Jahr lang auf Menschenrechtsverletzungen in der Russischen Föderation aufmerksam machen. Im Mittelpunkt der Kampagne stehen nicht nur Folter und Misshandlungen an Frauen oder Kindern, sondern auch an ethnischen Minderheiten. In Tschetschenien, so beklagt Amnesty, habe die Missachtung der Rechte und der Würde des Menschen geradezu alarmierende Ausmaße erreicht.

Zwar sei die jüngste Geiselnahme in Moskau durch tschetschenische Rebellen ebenfalls ein schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte gewesen, sagte Barbara Lochbihler, Generalsekretärin der deutschen Sektion von amnesty. "Aber die russische Regierung muss sich dabei - wie jede andere - an internationale Standards halten", stellte Lochbihler klar. Und weiter: "Deshalb fordern wir eine unabhängige Untersuchung dieses Einsatzes zur Befreiung der Geiseln. Insbesondere muss der Einsatz von Gas untersucht werden." Auch sei nicht bekannt, ob es zu Verhaftungen von Geiselnehmern gekommen sei. Auch darüber müsse informiert werden.

Sorge um Eskalation

Die Generalsekretärin forderte die deutsche Bundesregierung dazu auf, ihre guten Beziehungen zu Russland zu nutzen und Präsident Putin aufzufordern, sich für eine friedliche Lösung in der Kaukasus-Republik einzusetzen. Sie zeigte sich besorgt darüber, "dass von Präsident Putin jetzt angeordnet wird, mit gleicher Münze heimzuzahlen und auch massiv Vergeltungsschläge angedroht werden".

Nur durch ursächliche Bekämpfung eines Problems könne man es langfristig befrieden. Vor diesem Hintergrund bedauere Amnesty es sehr, dass Putin in dieser Situation nicht versuche, durch Verhandlungen "zu einer politischen Lösung zu kommen".

Unverhältnismäßige Strafen

Schwere Menschenrechtsverletzungen gebe es aber auch in allen Teilen der Russischen Föderation. So seien beispielsweise Misshandlungen in Gefängnissen an der Tagesordnung. Meist seien die Haftanstalten zudem überfüllt - es herrschten katastrophale Zustände. "Man kommt dort oft wegen eines Bagatelldeliktes in Haft", beschreibt Lochbihler die Situation. "Im Jahr 2001 wurden mehr als eine Million Kinder und Jugendliche in Russland inhaftiert. Sie werden oft monatelang in Untersuchungshaft gehalten, und erhalten lange Haftstrafen für geringe Straftaten."

Zwar seien die Menschenrechte in Russland gesetzlich geschützt, aber in der Praxis würden Täter häufig erst gar nicht zur Rechenschaft gezogen, bestätigt der russische Menschenrechtler Jurij Dschibladse. Und diese Form der Straffreiheit ermutige sogar die Täter, weiterhin gegen Menschenrechte zu verstoßen.