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So viele Asylbewerber wie nie zuvor

Nina Werkhäuser, Berlin6. Januar 2016

Die Zahl der Asylanträge in Deutschland hat 2015 einen historischen Höchststand erreicht: 477.000 Menschen stellten einen Antrag, Hunderttausende warten noch darauf.

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Flüchtlinge stehen Schlange in Berlin, Foto: dpa
Bild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

Eigentlich war Innenminister Thomas de Maizière (CDU) in die Bundespressekonferenz gekommen, um den Migrationsbericht für das Jahr 2014 vorzustellen. Angesichts des Ausnahmejahrs 2015, in dem so viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind wie nie zuvor, waren die Zahlen des Vorjahrs aber sprichwörtlich Schnee von gestern.

Also berichtete der Minister über die knapp 477.000 Asylanträge, die im Jahr 2015 gestellt wurden. "Das sind 135 Prozent mehr als im Vorjahr", erläuterte de Maizière und betonte erneut, dass die Gesamtzahl der Asylsuchenden zu hoch sei. "Wir arbeiten daran, dass sich das 2016 in dieser Höhe nicht wiederholt."

1,1 Millionen Asylsuchende erfasst

Die Zahl der Asylanträge sagt noch nichts darüber aus, wie viele Menschen wirklich nach Deutschland gekommen sind: Wegen der Überlastung des zuständigen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) konnten bei weitem noch nicht alle Flüchtlinge tatsächlich einen Antrag stellen. Hier hilft ein Blick in die Registrierungssysteme des Bundes weiter: 2015 wurden dort insgesamt 1,1 Millionen Asylsuchende erfasst.

Doppelungen seien nicht ausgeschlossen, erklärte Thomas de Maizière, da Deutschlands Behörden noch nicht über eine einheitliche Software für die Registrierung von Flüchtlingen verfügten. Dieses dringend benötigte System werde im Lauf des Jahres 2016 aufgebaut. Dann sollen die Daten überall in Deutschland abrufbar sein, sobald ein Flüchtling nach der Ankunft registriert wurde.

Infografik Asylanträge 2014 und 2015 im Vergleich

Wieder Abschiebungen nach Afghanistan

Die meisten Asylanträge, insgesamt 162.000, wurden im vergangenen Jahr von Syrern gestellt und fast ausnahmslos anerkannt. Auch bei Flüchtlingen aus dem Irak und aus Eritrea lag die Anerkennungsquote bei über 80 Prozent. Ganz anders sah es bei den Migranten vom Westbalkan aus: Fast alle der insgesamt 133.000 Asylanträge von Albanern, Kosovaren, Serben und Mazedoniern wurden abgelehnt. Im Oktober hatte die Bundesregierung Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Danach versuchten nur noch wenige Asylsuchende vom Westbalkan ihr Glück in Deutschland.

Wenig Verständnis zeigte de Maizière für die hohe Zahl der Asylbewerber aus Afghanistan. "Wenn wir über 150.000 Asylbewerber und Flüchtlinge aus Afghanistan reden, dann ist das angesichts unseres Engagements für Afghanistan inakzeptabel." Daher würden abgelehnte Asylbewerber in Absprache mit der Regierung in Kabul künftig wieder nach Afghanistan zurückgeschickt, allerdings nur an Orte, die sicher seien.

Zustrom nach Deutschland ungebrochen

Seit Monaten betont die Bundesregierung, dass die Zahl der Flüchtlinge nun endlich signifikant sinken müsse - und regelmäßig streitet die Koalition darüber, wie dies in der Praxis zu bewerkstelligen sei. Aus den jüngsten Statistiken des Innenministers lässt sich ablesen, dass die "europäische Lösung", die Bundeskanzlerin Angela Merkel immer wieder ins Feld führt, bisher keine greifbaren Veränderungen gebracht hat. Zwar seien im Dezember durchschnittlich nur noch 3.300 Flüchtlinge am Tag gekommen, sagte de Maizière, aber das liege vornehmlich am schlechteren Wetter und den Stürmen über dem Mittelmeer.

Weder die Einrichtung von Registrierungszenten in Italien und Griechenland noch die Absprachen mit der Türkei, die den Zustrom von Flüchtlingen in die EU begrenzen soll, haben bisher eine erkennbare Wirkung gezeigt. Erschwert wird die Steuerung des Zustroms auch dadurch, dass die Herkunftsländer sich ändern: Kaum ist es der Bundesregierung mit Mühe gelungen, die Zahl der Asylsuchenden vom Balkan zu reduzieren, machen sich Tausende Migranten aus Marokko und Algerien nach Deutschland auf - ihre Zahl schnellt seit November nach oben.

Innenminister Thomas de Maizière, Foto: AFP
Sorgenvoll: Bundesinnenminister Thomas de MaizièreBild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Das sei "ein besonderer Anlass zur Sorge", sagte der Innenminister, der nun über Gegenmaßnahmen nachdenkt. Sorgen bereiten ihm auch die 360.000 Asylanträge, die noch auf ihre Bearbeitung warten. Mit einer massiven Aufstockung des Personals im BAMF soll erreicht werden, dass der riesige Stapel in gut einem halben Jahr abgeschmolzen ist. "Im Spätsommer wollen wir vor die Welle kommen", übte sich de Maizière in Zuversicht, "und nicht mehr hinterher arbeiten".

Eigentlich war Innenminister Thomas de Maizière (CDU) in die Bundespressekonferenz gekommen, um den Migrationsbericht für das Jahr 2014 vorzustellen. Angesichts des Ausnahmejahrs 2015, in dem so viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen wie nie zuvor, waren die Zahlen des Vorjahrs aber sprichwörtlich Schnee von gestern.

Also berichtete der Minister über die knapp 477.000 Asylanträge, die im Jahr 2015 gestellt wurden. "Das sind 135 Prozent mehr als im Vorjahr", erläuterte de Maizière und betonte erneut, dass die Gesamtzahl der Asylsuchenden zu hoch sei. "Wir arbeiten daran, dass sich das 2016 in dieser Höhe nicht wiederholt."

1,1 Millionen Asylsuchende erfasst

Die Zahl der Asylanträge sagt noch nichts darüber aus, wie viele Menschen wirklich nach Deutschland gekommen sind: Wegen der Überlastung des zuständigen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) konnten bei weitem noch nicht alle Flüchtlinge tatsächlich einen Antrag stellen. Hier hilft ein Blick in die Registrierungssysteme des Bundes weiter: 2015 wurden dort insgesamt 1,1 Millionen Asylsuchende erfasst.

Doppelungen seien nicht ausgeschlossen, erklärte de Maizière, da Deutschlands Behörden noch nicht über eine einheitliche Software für die Registrierung von Flüchtlingen verfügten. Dieses dringend benötigte System werde im Lauf des Jahres 2016 aufgebaut. Dann sollen die Daten überall in Deutschland abrufbar sein, sobald ein Flüchtling nach der Ankunft registriert wurde.

Wieder Abschiebungen nach Afghanistan

Die meisten Asylanträge, insgesamt 162.000, wurden im vergangenen Jahr von Syrern gestellt und fast ausnahmslos anerkannt. Auch bei Flüchtlingen aus dem Irak und aus Eritrea lag die Anerkennungsquote bei über 80 Prozent. Ganz anders sah es bei den Migranten vom Westbalkan aus: Fast alle der insgesamt 133.000 Asylanträge von Albanern, Kosovaren, Serben und Mazedoniern wurden abgelehnt. Im Oktober hatte die Bundesregierung Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Danach versuchten nur noch wenige Asylsuchende vom Westbalkan ihr Glück in Deutschland.

Wenig Verständnis zeigte de Maizière für die hohe Zahl der Asylbewerber aus Afghanistan. "Wenn wir über 150.000 Asylbewerber und Flüchtlinge aus Afghanistan reden, dann ist das angesichts unseres Engagements für Afghanistan inakzeptabel." Daher würden abgelehnte Asylbewerber in Absprache mit der Regierung in Kabul künftig wieder nach Afghanistan zurückgeschickt, allerdings nur an Orte, die sicher seien.

Zustrom nach Deutschland ungebrochen

Seit Monaten betont die Bundesregierung, dass die Zahl der Flüchtlinge nun endlich signifikant sinken müsse - und regelmäßig streitet die Koalition darüber, wie dies in der Praxis zu bewerkstelligen sei. Aus den jüngsten Statistiken des Innenministers lässt sich ablesen, dass die "europäische Lösung", die Bundeskanzlerin Angela Merkel immer wieder ins Feld führt, bisher keine greifbaren Veränderungen gebracht hat. Zwar seien im Dezember durchschnittlich nur noch 3.300 Flüchtlinge am Tag gekommen, sagte de Maizière, aber das liege vornehmlich am schlechteren Wetter und den Stürmen über dem Mittelmeer.

Weder die Einrichtung von Registrierungszenten in Italien und Griechenland noch die Absprachen mit der Türkei, die den Zustrom von Flüchtlingen in die EU begrenzen soll, haben bisher eine erkennbare Wirkung gezeigt. Erschwert wird die Steuerung des Zustroms auch dadurch, dass die Herkunftsländer sich ändern: Kaum ist es der Bundesregierung mit Mühe gelungen, die Zahl der Asylsuchenden vom Balkan zu reduzieren, machen sich Tausende Migranten aus Marokko und Algerien nach Deutschland auf - ihre Zahl schnellt seit November nach oben.

Das sei "ein besonderer Anlass zur Sorge", sagte der Innenminister, der nun über Gegenmaßnahmen nachdenkt. Sorgen bereiten ihm auch die 360.000 Asylanträge, die noch auf ihre Bearbeitung warten. Mit einer massiven Aufstockung des Personals im BAMF soll erreicht werden, dass der riesige Stapel in gut einem halben Jahr abgeschmolzen ist. "Im Spätsommer wollen wir vor die Welle kommen", übte sich de Maizière in Zuversicht, "und nicht mehr hinterher arbeiten".