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Unglücksursache: Menschliches Versagen

16. Januar 2012

Das Reiseunternehmen Costa-Kreuzfahrten macht den Kapitän für das Schiffsunglück vor der toskanischen Küste verantwortlich. Am Schiffswrack der "Costa Concordia" suchen Helfer weiter nach Überlebenden.

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Wrack der Costa Concordia an der italienischen Küste (Foto: rtr)
Die Reederei spricht von menschlichem VersagenBild: REUTERS

Die italienische Reederei Costa Crociere hat sich weiter vom Verhalten des Kapitäns des vor der toskanischen Küste verunglückten Kreuzfahrtschiffes distanziert. "Aktuell stellt es sich für uns so dar, dass der Kapitän eigenmächtig die von Costa vorgegebene Route geändert hat", sagte der Geschäftsführer des Reiseveranstalters Costa-Kreuzfahrten, Heiko Jensen, am Montag (16.01.2012) in Hamburg: "Der Kapitän war zum Zeitpunkt des Unglücks auf der Brücke und manövrierte das Schiff manuell".

Die "Costa Concordia" war am Freitagabend mit etwa 4.200 Menschen an Bord vor der Insel Giglio an der Westküste Italiens auf einen Felsen gelaufen und gekentert. Bislang wurden sechs Todesopfer geborgen, 29 Menschen gelten noch als vermisst. Die italienischen Behörden korrigierten am Abend die Vermisstenzahl nach oben, zuvor war noch von 16 Vermissten die Rede. Demnach fehlt von 25 Passagieren und vier Crewmitgliedern noch jede Spur. "Unser Ziel ist es, sie zu retten und sie nach Hause zu bringen", sagte Jensen. Die vermissten Reisegäste seien zwischen 50 und 70 Jahre alt.

"Menschliches Versagen"

Geschäftsführer des Unternehmens Costa-Kreuzfahrten, Heiko Jensen (Foto: rtr)
Costa-Chef Jensen sichert den Opfern Entschädigung zuBild: REUTERS

Nach derzeitigem Ermittlungsstand habe wohl "menschliches Versagen" der Schiffsführung zu dem Unfall geführt, sagte Jensen. Es gebe kein Indiz dafür, dass mangelnde "Sicherheitsstandards an Bord" dafür verantwortlich gewesen wären. Falsche Seekarten hätten die Havarie auch nicht verursacht. Der Felsen sei auf den Karten eingezeichnet.

Zudem habe die Einschätzung des Kapitäns bei dem Unglück nicht "den von Costa vorgegebenen Standards" in einem solchen Notfall entsprochen. Dagegen habe die Crew bei der Rettung der Passagiere sehr umsichtig gehandelt. Jensen widersprach Vorwürfen von Geretteten, es habe Verständigungsprobleme innerhalb der Besatzung gegeben: Die aus verschiedenen Ländern stammende Mannschaft habe Englisch gesprochen.

Ermittlung wegen fahrlässiger Tötung

Kapitän Francesco Schettino (Foto: dapd)
Gegen Kapitän Schettino werden schwere Vorwürfe lautBild: dapd

Die italienische Staatsanwaltschaft kritisiert den Kapitän Francesco Schettino mit scharfen Worten: "Wir sind betroffen von der Skrupellosigkeit des waghalsigen Manövers", das zur Katastrophe geführt habe, sagte Staatsanwalt Francesco Verusio. Das Verhalten des Kapitäns sei "unentschuldbar".

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schettino wegen fahrlässiger Tötung, vorzeitigem Verlassen des Schiffs sowie wegen Herbeiführung eines Schiffbruchs. Augenzeugen hatten berichtet, dass der Kapitän bereits vor dem Abschluss der Evakuierung des Schiffes an Land gegangen sei. Schettino sitzt seit Samstagabend in Untersuchungshaft. Die Reederei wird dem Kapitän mit juristischer Hilfe beistehen, verurteilt aber dessen Verhalten.

Suchaktion im Schiffswrack

Rettungskräfte im Schiffswrack (Foto: rtr)
Rettungsbemühungen im Inneren des WracksBild: REUTERS

Nachdem sich das Wetter verbessert hatte, suchten Rettungskräfte zwischenzeitlich weiter nach möglichen weiteren Überlebenden und Opfern vor der Küste der Toskana. Die Arbeiten hätten fortgesetzt werden können, nachdem die Stabilität der verunglückten "Costa Concordia" überprüft worden sei, sagte Feuerwehrsprecher Luca Caria. Die Taucher der Küstenwache hatten das Schiff vorübergehend verlassen müssen, nachdem es sich um neun Zentimeter bewegt hatte. Am Nachmittag ließen Wind und Wellengang wieder nach. Während der Nacht kann aus Sicherheitsgründen aber nicht weiter gesucht werden .

Noch mindestens elf Deutsche vermisst

Als vermisst gelten nach Polizeiangaben mindestens elf Deutsche: Ein Paar aus Berlin, ein Paar aus Nordrhein-Westfalen sowie fünf Senioren aus Hessen und zwei Frauen aus Baden-Württemberg. An Bord waren insgesamt 566 Bundesbürger. Dem Auswärtigen Amt in Berlin liegen keine genauen Vermisstenzahlen vor, die Zahl bewege sich im "niedrigen zweistelligen Bereich". Es sei gut möglich, dass sich die Vermissten nicht gemeldet hätten und bereits auf dem Heimweg seien. Aus den betroffenen Bundesländern hieß es, die Polizei stehe im engen Kontakt zum Bundeskriminalamt und dem Auswärtigen Amt.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, afp, dapd)

Redaktion: Rolf Breuch