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Sieg für die "orangene Revolution"

7. Dezember 2004

- Das Oberste Gericht in der Ukraine erklärt die Stichwahl für ungültig

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Bonn, 4.12.2004, DW-RADIO / Ukrainisch, Ute Schaeffer

Die ukrainische Opposition hat nach knapp zweiwöchigen Protesten einen klaren Sieg vor dem Obersten Gerichtshof errungen. Die Richter ordneten am Freitagabend (3.12.) eine Wiederholung der Stichwahl um das Präsidentenamt für den 26. Dezember an. Das Richterkollegium erklärte die umstrittene Stichwahl vom 21. November wegen Wahlbetrugs für ungültig und folgte damit weitgehend dem Antrag der Opposition. Ute Schaeffer kommentiert:

Die "orangene Revolution" hat einen Sieg errungen (Orange - Farbe der ukrainischen Opposition). Das Oberste Gericht in der Ukraine gab der Opposition in allen Punkten Recht. Endlich. Das Ergebnis der Stichwahl ist ungültig. Bis zum Jahresende muss die Wahl nun wiederholt werden.

Die Richter haben damit ihre Unabhängigkeit unter Beweis gestellt. Sie haben die Vorschläge aus dem Kutschma-Janukowytsch-Lager ignoriert. Der Wahltermin wird nicht hinausgezögert und es wird auch keine Wiederholung beider Wahlgänge geben, wie es Kutschma und Janukowytsch wollten. Denn das hätte den Machthabern erlaubt, eventuell noch einen dritten, populäreren Kandidaten als Janukowytsch aufzubauen.

Nun folgt politische Schwerstarbeit. Und hier sind alle politischen Institutionen gefragt - das Parlament, der scheidende Präsident Kutschma, die Justiz. In kürzester Zeit muss nun ein neues Wahlgesetz auf den Weg gebracht werden. Und die Zentrale Wahlkommission muss neu besetzt werden. Das sind Voraussetzungen, damit sich die Manipulationen der Wahl vom 21. November nicht wiederholen und die Neuwahl frei und fair verlaufen kann.

Gleichzeitig werden Juschtschenko und seine Anhänger politische Überzeugungsarbeit leisten müssen - vor allem bei den Menschen im Osten der Ukraine. Hier sitzt das Misstrauen gegenüber dem "Westler" Juschtschenko tief. Auch unter den Wirtschaftsoligarchen muss die Opposition weitere Unterstützer finden, um mehr Rückhalt in den kommenden Wochen zu haben. Und dennoch: dass Juschtschenko aus dieser Wahl als Sieger hervorgehen wird, scheint sicher.

Die Unterstützung für Kutschma hingegen schmilzt erkennbar dahin. So hat das Parlament vor einigen Tagen den Präsidenten aufgefordert, die ukrainischen Soldaten aus dem Irak abzuziehen. Das ist eine klare Niederlage für den Präsidenten. Es ist abzusehen, dass auch aus dem Lager um den scheidenden Präsidenten eine Reihe von politischen Schwergewichten ausbrechen wird, um sich der Opposition anzuschließen.

Juschtschenko kann in den kommenden Wochen nun andere Vorurteile über seine Person ausräumen - er sei nicht entschieden genug, kein Macher, zu sehr auf Konsens bedacht. Er und seine Anhänger müssen nun beweisen, ob sie fähig sind, diese Vielzahl von politischen Aufgaben zu lösen und den Transformationsprozess unter großem Zeitdruck politisch zu gestalten. Das ist keine schlechte Übung für die Zeit nach der Wahl, wenn es darum gehen wird, die großen wirtschaftlichen und politischen Reformen anzugehen, die für die Zukunft des Landes so wichtig sind.

Bisher hat es Juschtschenko geschafft, die Opposition zu solidarisieren und der Bewegung eine emotionale Dynamik zu geben. Nun wartet politische Kärrnerarbeit auf ihn, damit aus der "orangenen Revolution" wirklich eine Entwicklung in Richtung Demokratie wird. (MO)