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Serbien: Umstrittene Privatisierungen

3. Mai 2007

Die Privatisierung staatlicher Firmen in Serbien gerät zunehmend in die Kritik. Als dubios gilt insbesondere der zweimalige Verkauf der größten Kupfermine des Balkan RTB Bor und des ältesten Reiseveranstalters Putinik.

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Privatisierung gegen Provison für Politiker?Bild: AP

Ein Ausschuss der serbischen Regierung hat Ende vergangener Woche vorgeschlagen, den Verkauf der Kupfermine und des Schmelzwerks RTB Bor im Dreiländereck zu Bulgarien und Rumänien erneut auszuschreiben, statt einen Vertrag mit dem zweithöchsten Bieter abzuschließen, nachdem das erstplazierte rumänische Unternehmen Cuprom in der vorgesehenen Frist keine Bankbürgschaft hinterlegen konnte. Ähnlich verlief es auch bei der Privatisierung des Reiseveranstalters Putnik, der ebenfalls zweimal zum Verkauf ausgeschrieben wurde.

Fette Provisionen für Politiker?

Allem Anschein nach ist darin die Politik verstrickt, da es sich um große und lukrative staatliche Unternehmen handelt. Serbische Experten behaupten gar, dass dahinter illegale Geschäfte stünden, die mit Gefängnisstrafen enden könnten. Dahinter vermutet wird die Regierung von Vojislav Kostunica, die mit allen Mitteln versucht, an der Macht zu bleiben. In einem fieberhaften Wettrennen mit der Zeit versuchte sie derzeit offenbar, so viel Staatseigentum wie möglich zu veräußern. Und das auf eine Art und Weise, die in der Öffentlichkeit Zweifel an der Privatisierungspolitik aufkommen lässt.

Die Operation Bor geriet vom ersten Moment an unter Kritik, als sich herausstellte, dass bei der Ausschreibung Presseberichten zufolge ein eher dubioses rumänischen Unternehmen gewonnen hatte. Offenbar verfügte es auch nicht über ausreichen Eigenkapital für ein so großes Geschäft und war auch nicht in der Lage die erforderlichen Bankbürgschaften vorzulegen bzw. einen entsprechenden Kredit von den Banken zu erhalten.

Wirtschaftsexperte Miroslav Prokopijevic, vom Institut für europäische Studien in Belgrad, äußerte öffentlich, er sei davon überzeugt, in diesem Fall habe jemand aus der Regierung eine "fette Provision" erhalten. Auch wenn es sich am Ende herausgestellt habe, dass dies nicht so einfach auszuführen und nun die Regierung in Nöten sei.

Putnik gleich zweimal verkauft

Der Fall Putnik ist noch seltsamer, wenn man bedenkt, dass der älteste Reiseveranstalter in Serbien, der mehrere Hotels an attraktiven Standorten und sogar eine Insel in Montenegro sein eigen nennt, zunächst verkauft wurde. Noch in der vorletzten Legislaturperiode wurde es von der Regierung an eine amerikanische Firma verkauft, deren Eigentümer serbischer Abstammung ist. Nun wird über die Gesetzmäßigkeit der Transaktion in einem Schiedsverfahren vor der Internationalen Handelskammer in Paris entschieden.

Doch obwohl das Schiedsurteil noch nicht feststeht, hat die Regierung den erneuten Verkauf von Putnik ausgeschrieben. Daraufhin meldete sich praktisch als einziger Interessent ein großes russisches Unternehmen. Kurz vor einem Abschluss gab der staatliche Reiseveranstalter dann allerdings vor, es sich anders überlegt zu haben und ging an die Belgrader Börse. Dort kaufte dann eine angeblich zyprische Firma in einer Blitzaktion unmittelbar nach Börsenstart für 60 Millionen Euro Putnik. Dies sorgte für viel Aufsehen. Wirtschaftsminister Predrag Bubalo versicherte indes der Öffentlichkeit, dass alles sauber und rechtens sei.

Lange Liste dubioser Geschäfte

Unterdessen behauptet der russische Geschäftsmann Dmitrij Lucenko, er sei betrogen worden und alles sei illegal abgelaufen. Hinter diesen Praktiken würden serbische Tycoons stehen, die in der Milosevic-Ära zu Reichtum gelangt seien. Nun forderte er die Unterstützung von – nicht mehr und nicht minder – als von der russischen Duma. Die wandte sich wiederum an die serbische Skupschtina. Doch die Abgeordneten des serbischen Parlaments scheinen im Augenblick mit anderen Themen beschäftigt. Doch wenn sie sich eines Tages mit den Skandalen befassen, die in Verbindung mit der Regierung von Premier Kostunica gebracht werden, werden sie viel zu tun haben, denn die Liste der Beschuldigten ist lang – angefangen von der Privatisierung von Knjaz Milos, Vecernje Novosti usw.

Stevan Niksic, Belgrad
DW-RADIO/Serbisch, 27.4.2007, Fokus Ost-Südost