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Serbischer MInisterpräsident in Berlin

Bettina Marx30. Juni 2014

Serbien will in die Europäische Union, als Vollmitglied und so schnell wie möglich. Das ist die Botschaft des serbischen Ministerpräsidenten Aleksandar Vucic bei seinem Besuch in Berlin: "Wir haben keine andere Politik".

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Serbien Ministerpräsident Aleksandar Vucic
Bild: Reuters

"Egal, wie schwer es ist: Wir sind entschlossen, es zu schaffen", sagte der 44-jährige bei einer Diskussions-Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und des neu gegründeten "Serbien-Deutschland-Forums". Seine Regierung sei gewillt, die Auflagen der EU zu erfüllen und ein ehrgeiziges Reformprojekt umzusetzen, um die wirtschaftlichen Eckdaten des Landes zu verbessern. "Wir sind uns bewusst, dass wir dafür viel tun müssen", räumte Vucic ein. So müsse vor allem das Klima für Investoren verbessert, die Infrastruktur ausgebaut und die Bürokratie reduziert werden. Im Mittelpunkt des Reformvorhabens steht ein neues Arbeitsgesetz, das noch in dieser Woche im Parlament in Belgrad beraten werden soll. Es soll den Arbeitsmarkt flexibilisieren und neue, auch ausländische Investoren anlocken.

Deutsche Unternehmer gern gesehen

Vor allem deutsche Investoren sind in Serbien gern gesehen, denn: "Wenn serbische Bürger in deutschen Unternehmen arbeiten, lernen sie viel", so Vucic, der erst im letzten März zum Regierungschef gewählt wurde. Schon jetzt hätten deutsche Firmen, die in seinem Land produzieren, einen großen Anteil an den steigenden serbischen Ausfuhren. Mit Stolz verwies der Ministerpräsident auf die jüngsten Wirtschaftszahlen. So sei der Export aus Serbien nach Deutschland im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent auf ein Volumen von 344 Millionen Euro angewachsen. Die Importe aus Deutschland nach Serbien seien im gleichen Zeitraum um 13,8 Prozent auf 400 Millionen gestiegen. In Zukunft soll der Austausch weiter zunehmen.

Um dies zu ermöglichen, will Belgrad auch die Infrastruktur verbessern. Notwendig sei vor allem der Ausbau der Autobahn und der Zugverbindungen zwischen den urbanen Zentren des westlichen Balkan. Heute brauche man von der serbischen Hauptstadt Belgrad nach Sarajevo in Bosnien-Herzegovina mit dem Zug sieben und mit dem Auto drei Stunden. Dies sei nicht hinnehmbar, sagte Vucic. Er hoffe, dass die Europäische Union Mittel zur Verfügung stelle, um die Länder des ehemaligen Jugoslawien beim Wiederaufbau ihrer zerstörten Verkehrswege zu unterstützen.

Stadtansicht der serbischen Hauptstadt Belgrad (Foto: DW)
Bald Hauptstadt eines EU-Landes? Serbiens Kapitale BelgradBild: DW/N. Velickovic

Deutsche Strümpfe made in Serbien

Ein Unternehmen, das schon in Serbien Fuß gefasst hat, ist die alteingesessene Strumpffabrik Falke. Sie hatte bereits vor den Balkankriegen im ehemaligen Jugoslawien produziert und ist inzwischen zurückgekehrt. Seit 2012 produziert die Firma im serbischen Veskovac Strümpfe und gibt damit mehr als 500 Menschen Arbeit. Vorstandsmitglied Uwe Bergheim zeigte sich zufrieden mit den Bedingungen vor Ort. Die Menschen in der Industrie-armen Region seien fleißig und zuverlässig und erfüllten die hohen Anforderungen, die seine Firma an sie stellten, sagte er bei einer Podiumsdiskussion in der DGAP. Auch die Rahmenbedingungen seien akzeptabel, wenngleich er sich Verbesserungen wünsche. "Die Administration ist kompliziert, aber machbar", so Bergheim.

In Zukunft soll die Verwaltung besser und investitionsfreundlicher werden, versprach die stellvertretende serbische Ministerpräsidentin Kori Udovicki, die Vucic bei seinem Besuch in Berlin begleitete. "Der Staat soll der Freund der Investoren werden", erläuterte die Politikerin, die für staatliche Verwaltung und lokale Selbstverwaltung verantwortlich ist. Sie werde daher Gesetze vorlegen, mit deren Hilfe die Verwaltung rationalisiert, staatliche Betriebe privatisiert und rechtsstaatliche Prinzipien verankert werden.

Deutsche Unterstützung

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte dem serbischen Ministerpräsidenten die Unterstützung Deutschlands zu und würdigte die bisherigen Anstrengungen Belgrads auf dem Weg der Annäherung an die EU. "Serbien hat in den vergangenen zwei Jahren Großes geleistet", sagte er. Darum habe die Europäische Union mit dem Westbalkanstaat im vergangenen Januar Beitrittsverhandlungen aufgenommen. "Serbien kehrt heim ins Herz von Europa", erklärte Steinmeier. Dies werde jedoch kein einfacher Weg sein und Belgrad dürfe nicht mit Rabatten oder mit einer Absenkung der Hürden rechnen. "Wichtig ist, dass der Weg konstruktiver und friedensorientierter Entscheidungen nicht nur nach außen wirkt", mahnte der deutsche Außenminister.

Bundesaußenminister Steinmeier und der serbische Ministerpräsident Vucic in der DGAP in Berlin (Foto: DW)
Bundesaußenminister Steinmeier und der serbische Ministerpräsident Vucic in der DGAP in BerlinBild: DW/N. Rujevic

Am letzten Wochenende hatte das Verhalten der serbischen Regierung international für Irritationen gesorgt. Denn Ministerpräsident Vucic hatte nicht an der Gedenkveranstaltung zum Ausbruch des 1. Weltkriegs teilgenommen, die in Sarajevo stattfand. Dort gedachte man am vergangenen Samstag (28.6.2014) des Attentats auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand durch den serbischen Nationalisten Gavrilo Princip vor hundert Jahren.

Probe der Wiener Philharmoniker im Alten Rathaus von Sarajevo (Foto: EPA/ALMIRZRNO/POOL)
Zum 100. Jahrestag des Attentats von Sarajevo gaben die Wiener Philharmoniker ein Konzert in der Hauptstadt Bosnien-HerzegowinasBild: picture-alliance/AP Photo

Stattdessen hatte Vucic bei einer Veranstaltung in Visegrad gesprochen, wo die künstliche Stadt Andricgrad eingeweiht wurde, die als Kulisse für einen Film dienen soll. In seiner Rede rühmte er die glorreiche serbische Geschichte, ohne auf die gewaltsame Vertreibung der Muslime aus Visegrad einzugehen. In Berlin rechtfertigte Vucic seinen Auftritt in Visegrad. Der 28. Juni sei für die Serben ein hoher nationaler Feiertag zum Gedenken an ihren Nationalheiligen St. Veith. Ihm sei es an diesem Tag gar nicht in den Sinn gekommen, an die Ermordung und Vertreibung der Muslime der Stadt zu erinnern. Im Übrigen habe er im Mai seine erste Auslandsreise als Regierungschef ausgerechnet nach Sarajevo gemacht. Die serbische Republik Srpska habe er dagegen noch nicht besucht.