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Senegal im Wahlkampffieber

Vera Möller-Holtkamp15. Februar 2007

Die Wahlkampfmaschine läuft im Senegal. Kurz vor den Präsidentschaftswahlen: Ein Blick in das westafrikanische Land, das oft als demokratischer Musterschüler gilt.

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Senegals Präsident Abdoulaye Wade in Bedrängnis (12. Februar 2007)Bild: PA/dpa

In 21 Tagen durch den Senegal: Während der offiziellen Wahlkampfperiode bereisen die Präsidentschaftskandidaten die elf Regionen des Landes, bis sie zwei bis drei Tage vor Schluss in der Hauptstadt Dakar eintreffen - zum Höhepunkt des Wählerwerbens.

Drei Herausforderer mit echten Chancen

Amtsinhaber Abdoulaye Wade tritt ein zweites und letztes Mal an. Fünfzehn Kandidaten fordern den 80-Jährigen heraus, aber nur drei gelten als chancenreich: Der ehemalige Premierminister Moustapha Niasse (67) ist einer von ihnen. Er führt das Wahlbündnis "Altérnative 2007" an, dem viele linksgerichtete Parteien angehören. Niasses Partei und rund 20 andere politische Oppositionsparteien hatten kurz vor Wahlkampfbeginn zu einer Demonstration (27.1.2007) aufgerufen, obwohl sie verboten worden war. Die Regierungsgegner forderten eine strikte Einhaltung des Wahlkalenders und protestierten gegen die zweifache Verschiebung der Parlamentswahlen und gegen die mögliche Verschiebung der Präsidentschaftswahlen. Sicherheitskräfte schritten ein und nahmen mehr als 20 Oppositionelle und drei Kandidaten für einige Stunden zum Verhör fest.

Außerdem tritt der ehemalige Premierminister Idrissa Seck (47) für das liberale Bündnis an. Der dritte Herausforderer mit Chancen ist der Führer der sozialistischen Partei Ousmane Tanor Dieng (60).

Proteste im Senegal
Oppositionsanhänger wird von Sicherheitskräften in Schach gehalten (27. Januar 2007)Bild: AP

Bauernvertreter machen Druck

Politische Meinungsumfragen sind im Senegal verboten. Politische Beobachter räumen dem amtierenden Präsidenten relativ gute Chancen ein, obwohl seine Politik stark kritisiert wird.

"Das Rennen ist noch lange nicht entschieden", sagt Mamadou Cissoko, ein prominenter Bauernführer Senegals und Ehrenpräsident der westafrikanischen Kleinbauernorganisation (Roppa). In einem landwirtschaftlich geprägten Land wie dem Senegal, in dem etwa drei Viertel der Einwohner im Agrarsektor beschäftigt sind, haben Cissokos Worte Gewicht. Die Bauernorganisation, in allen 20.000 Gemeinden des Landes vertreten, habe großes politisches Konfliktpotential, so Cissoko. Das wichtigste für ihn und seine betont unabhängige Organisation sei, dass der zukünftige Amtsinhaber das hart ausgehandelte Landwirtschaftsgesetz umsetze. Davon hänge der politische Frieden im Land ab.

Ein existenzielles Problem ist die Abhängigkeit in der Nahrungsmittelversorgung. "Weizen importieren wir fast zu 100 Prozent, Reis zu 80 Prozent und Milchpulver zu 70 Prozent. Das sind katastrophale Zustände", schimpft Cissoko. "Die Regierung muss die Grundlagen für eine rentable Existenz der Kleinbauern schaffen." Der amtierende Staatspräsident Wade hat zu Beginn seiner Amtszeit einen liberalen wirtschaftspolitischen Kurs gefahren und die Importzölle radikal gesenkt. Die Folge waren Nahrungsmittelimporte unter anderem aus der EU zu Dumpingpreisen, berichtet der deutsche Agrarwissenschaftler Francisco Mari, der den Evangelischen Entwicklungsdienst in dieser Region berät. Viele Kleinbauern mussten aufgeben.

Opposition bezweifelt korrekten Ablauf der Wahlen

Noch ist es ruhig im Senegal. Die heißen Tage stehen aber noch bevor. "Wir hoffen, dass wir einen gewaltfreien Wahlkampf erleben werden", sagt Aliyone Tine von der unabhängigen Menschenrechtsorganisation Raddho. "Aber noch stärker hoffen wir, dass die Zeit nach den Wahlen ohne gewaltsame Zwischenfälle verlaufen wird", sagt der Wahlbeobachter besorgt. Die Anhänger einer unterlegenen Partei könnten den Ausgang der Wahl nicht anerkennen und rebellieren. Er spielt auf die Kampagnen der Oppositionsparteien an. Sie zweifeln das demokratische Reglement der Wahlen an und befürchten Mehrfachwähler. Diesen Verdacht äußerte der Koordinator und Mitbegründer der linksgerichteten Partei MSU (Mouvement pour le Socialisme et l'Unité) Masseme Niang gegenüber DW-WORLD.DE. Im Vorfeld der Wahlen gebe es dazu keinen Anlass, wehrt Tine ab. "Das wird eine der bestbeobachteten Wahlen Afrikas: Afrikanische Staaten, die EU und die UNO haben Vertreter entsandt", berichtet er.

Bauern im Senegal klagen über Dürre
Senegalesischer Bauer bei dem Dorf Thiawandu im mittleren Osten des Landes (Archivbild 26.8.2002).Bild: PA/dpa

Was der Senegal jetzt brauche sei eine konsensfähige Mehrheit, sagt Aliyon Tine. Die Probleme im Land seien so gravierend, dass man sie nicht zu stark politisieren dürfe. Er spricht die mangelhafte Ernährungsversorgung an und die hohe Arbeitslosigkeit. "Die Jungen haben keine Perspektive in diesem Land, deshalb machen sich so viele auf und suchen ihr Glück in Europa."

Bis zum 23. Februar dauert der Präsidentschaftswahlkampf an. Dann werden die politischen Karten neu gemischt.