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Politik

Seehofer verbietet Reichsbürger-Vereinigung

19. März 2020

Erst im Januar hat der Bundesinnenminister die Neonazi-Gruppe "Combat 18" verboten. Jetzt geht er gegen die Gruppe "Geeinte deutsche Völker und Stämme" vor. Deren Ideologie ist ein Mix aus "Germanischem" und Rassismus.

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Deutschland Razzien Reichsbürger-Gruppe - Berlin
In Berlin stehen Polizisten während einer Wohnungs-Razzia vor einem HausBild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat erstmals eine Reichsbürger-Gruppierung bundesweit verboten. Polizeibeamte durchsuchten in den Morgenstunden die Wohnungen führender Mitglieder des Vereins "Geeinte deutsche Völker und Stämme" seiner Teilorganisation
"Osnabrücker Landmark" in zehn Bundesländern. "Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus werden auch in Krisenzeiten unerbittlich bekämpft", schrieb der Sprecher des Ministeriums, Steve Alter, im Kurznachrichtendienst Twitter.

Drohung mit Inhaftierung und "Sippenhaft"

Die Mitglieder des Vereins würden "durch Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Intoleranz gegenüber der Demokratie deutlich zum Ausdruck" bringen, hieß es aus dem Bundesinnenministerium weiter. In den vergangenen Jahren sei die Gruppierung unter anderem durch "verbalaggressive Schreiben" aufgefallen. Darin sei den Adressaten Inhaftierung und "Sippenhaft" angedroht worden.

Sogenannte Reichsbürger und "Selbstverwalter" zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland an. Einige dieser Gruppierungen berufen sich auf ein selbst definiertes "Naturrecht", andere auf das historische Deutsche Reich. Viele unter ihnen behaupten, die Bundesrepublik sei in Wirklichkeit kein Staat, sondern ein Unternehmen. Sie erkennen Gesetze und Behörden nicht an und wehren sich teilweise gewaltsam gegen staatliche Maßnahmen. Bundesweit soll es nach Angaben des Verfassungsschutzes rund 19.000 Mitglieder dieser Szene geben, deren Mitglieder als waffenaffin gelten.

Archivbild | Kiel | Sichergestellte Waffen und ein Schild der kriminellen Neonazi-Gruppe «Combat 18»
Erst im Januar verbot Seehofer die rechtsextreme Gruppierung "Combat 18"Bild: picture-alliance/dpa/H. Pfeiffer

Zentralrat begrüßt das Verbot 

Schwerpunkt der Aktionen der Kleingruppe "Geeinte deutsche Völker und Stämme" war zuletzt Berlin. So versuchte sie beispielsweise, das Rathaus im Bezirk Zehlendorf zu "übernehmen". Nach Angaben der Polizei setzten sich ihre Mitglieder zudem mit Vehemenz und Drohungen für eine vorzeitige Haftentlassung des wegen Volksverhetzung verurteilten todkranken Holocaust-Leugners Horst Mahler ein.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat das Verbot begrüßt. Gerade jetzt dürfe der Staat im Kampf gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus nicht nachlassen, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster in Berlin. In Krisenzeiten verstärkten sich Verschwörungsmythen und Schuldzuweisungen. Von der Reichsbürgerbewegung mit ihrer militanten und revisionistischen Weltanschauung gehe eine große Gefahr für die Demokratie und das friedliche Zusammenleben aus.

Im vergangenen September hatten Polizeibeamte in drei Bundesländern insgesamt vier Durchsuchungsbeschlüsse gegen Mitglieder der Gruppe vollstreckt. Jetzt wurden Wohnungen in Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen durchsucht. Minister Seehofer hatte im vergangenen Jahr mehrere Verbotsverfügungen angekündigt. Ende Januar verbot er dann die rechtsextreme Gruppe "Combat 18". Der Name der  Vereinigung gilt als Codewort für "Kampftruppe Adolf Hitler". Mehrere mutmaßliche Mitglieder haben gegen das Verbot Klage eingereicht.

sti/as (afp, dpa, epd)