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"Hauptsache, es geschieht"

Kay-Alexander Scholz15. Dezember 2015

Die CDU hat ihren Parteitag in Karlsruhe erfolgreich über die Bühne gebracht. Doch die Flüchtlingskrise wird damit nicht gelöst. Nun muss Angela Merkel in Europa zeigen, wie mächtig sie ist.

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Deutschland CDU Parteitag Horst Seehofer und Angela Merkel
Bild: Reuters/R. Orlowski

"Abgerechnet wird am Ende über die Zahl der Flüchtlinge", warnte CSU-Chef Horst Seehofer in seiner mit Spannung erwarteten Rede auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe. Ob man nun Obergrenze, Kontingent oder Reduzierung dazu sagen solle, sei vielleicht wichtig für Sprachwissenschaftler. Die Bevölkerung aber interessiere, ob die Zahl der Flüchtlinge reduziert werde - und zwar in überschaubarer Zeit. In Bayern, wo seit dem Sommer die meisten Flüchtlinge über die Grenze kommen, kämen weiterhin tausende Flüchtlinge täglich, warnte er.

Der "weise Onkel" aus Bayern

Die CSU, Schwesternpartei der CDU aus Bayern, spielt in der Asyl- und Flüchtlingspolitik die Rolle des unbequemen Mahners - und wird das auch in Zukunft tun, ist zu vermuten. Viel, was bereits im Bund beschlossen wurde, geht auf bayerische Initiativen zurück. Beim letzten CSU-Parteitag hatte es Seehofer übertrieben - und Merkel auf offener Bühne gemaßregelt. Das haben ihm viele in der CDU übel genommen.

Seehofers Grußwort fiel untypisch lang aus, es dauerte 50 Minuten. Er will sagen, was er zu sagen hat. Sein Bundesland Bayern beschrieb er wie häufig als Vorbild, was ihn seiner Meinung nach dazu berechtigt, den anderen Tipps zu geben. Der Applaus nach seiner Rede war ordentlich, mehr aber nicht, nur vereinzelt gab es Standing Ovations. Zuvor sehr genau zugehört haben die 1000 Delegierten aber schon, es war ungewöhnlich leise im Saal während seiner Rede.

Wann sinkt die Flüchtlingszahl?

Eine große Unsicherheit bleibt - trotz der geschlossenen Reihen in der Partei durch den Kompromiss der "Karlsruher Erklärung" und der übergroßen Mehrheit dafür. Ein Bürgermeister erzählte, dass er sich manchmal wünsche, statt der Flüchtlinge gäbe es eine Elbe-Flut. Dann wisse man wenigstens, was auf einen zukommt, was zu tun sei und wann es wieder zu Ende geht. Bei der Flüchtlingskrise wache er jeden Morgen auf und wisse nicht, welche neuen Flüchtlingszahlen der Tag bringt und wie lange das noch andauert. Immer wieder gäbe es die Fragen aus der besorgten Bevölkerung.

Seehofer warnte davor, diese Sorgen nicht ernst zu nehmen. Er beschrieb die Gefahr einer wachsenden politischen Radikalisierung. Deshalb dürften Probleme nicht geschoben, sondern müssten gelöst werden. CDU und CSU hätten eine doppelte Verantwortung: zum einen den Flüchtlingen, aber auch der einheimischen Bevölkerung gegenüber. Eine "Konkurrenzsituation" müsse vermieden werden.

Doping für Merkel

Über diese Deutlichkeit in der Beschreibung der Flüchtlingskrise waren CDU/CSU in den letzten Wochen zerstritten. Der Parteitag habe allen gut getan, sagte Merkel in ihrem Schlusswort, nach Monaten habe man gemeinsame Positionen bei den Themen Flucht und Integration gefunden.

Wie geht es nun weiter? Kanzlerin Merkel hat in Karlsruhe ordentlich Rückenwind bekommen. Das sieht auch Präsidiumsmitglied Jens Spahn so, sagte er im DW-Interview. Die gezeigte Einigkeit sei entscheidend. Denn das sei wichtig für den EU-Gipfel in Brüssel. Ab Donnerstag wird dort über die, von Merkel erhofften europäischen Lösungen der Flüchtlingskrise gesprochen. Bisher ist die EU dabei eher gespalten. Merkel wird all ihre Macht brauchen, um das wieder einzurenken. Karlsruhe hat sie dafür ordentlich gedopt.