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Politik

Kritik an harter Haltung gegen Seenotretter

2. Juli 2019

Die deutsche Hilfsorganisation "Sea-Watch" hat eine schnelle politische Lösung für die aus Seenot geretteten Menschen gefordert. Eine juristische Entscheidung über ihre Kapitänin Carola Rackete steht weiter aus.

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Italien Rettungsschiff Sea-Watch 3
Bild: picture-alliance/dpa/AP/S. Cavalli

Die Kapitänin der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch, Carola Rackete, hat nach Angaben ihres Anwalts in ihrer Vernehmung verteidigt, unerlaubt in einen italienischen Hafen eingefahren zu sein. Die 31-Jährige habe am Montag vor dem Ermittlungsrichter dargestellt, dass die Situation mit den Migranten an Bord "sehr angespannt" gewesen sei, sagte der Rechtsanwalt Leonardo Marino der Deutschen Presse-Agentur in Rom. Rackete habe darüber hinaus angegeben, das Boot der Finanzpolizei, das das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" beim Einlaufen in den Hafen touchiert hatte, nicht gesehen zu haben.

Italien Rettungsboot Sea-Watch 3 im Hafen von Lampedusa | Carola Rackete, Kapitänin
Carola Rackete bei der Hafeneinfahrt Bild: Reuters/G. Mangiapane

Ein Haftrichter im italienischen Agrigent muss nun entscheiden, ob er den bestehenden Hausarrest für Rackete aufhebt. Die Entscheidung darüber müsse spätestens am Abend getroffen werden, könnte aber auch schon früher fallen, sagte Marino. Möglich sei, dass die freiheitsentziehenden Maßnahmen gegen Rackete komplett aufgehoben werden. Alternativ könnte gegen Rackete ein Aufenthaltsverbot für die Provinz Agrigent verhängt werden, zu der auch die Insel Lampedusa gehört. Letzteres hatte die Staatsanwaltschaft gefordert.

Gegen Rackete werden in Italien schwere Vorwürfe erhoben. Ihr drohen zwei Prozesse, die in langen Haftstrafen enden könnten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr unter anderem vor, Widerstand gegen ein Kriegsschiff geleistet zu haben, was mit bis zu 13 Jahren Haft bestraft werden kann. Die Finanzpolizei ist in Italien militärisch organisiert und zählt dort zu den Streitkräften. Zudem wird wegen Begünstigung illegaler Migration ermittelt.

Kritik an Tatenlosigkeit der EU

Die Hilfsorganisation "Sea-Watch" hat das Verhalten ihrer Kapitänin verteidigt. Mehr als zwei Wochen lang sei der "Sea-Watch 3" nach der Rettung von 53 Menschen aus Seenot kein sicherer Hafen zugewiesen worden, sagte Sprecherin Marie Naaß bei einer Pressekonferenz in Berlin. Rackete haben am Ende keine andere Möglichkeit gehabt, als vom Nothafenrecht Gebrauch zu machen. "Sea-Watch" macht dem italienischen Innenminister Matteo Salvini wegen seiner harten Haltung gegen Seenotretter, aber auch der Bundesregierung und der EU schwere Vorwürfe.

Amnesty International hat den Europäischen Staaten Tatenlosigkeit vorgeworfen. Nicht nur Italien, sondern auch die anderen europäischen Staaten hätten sich angeschaut, wie sich die Situation weiter zugespitzt habe, kritisierte der Generalsekretär von Amnesty in Deutschland, Markus N. Beeko im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur in Rom.

Berlin Sea Watch Mahnwache vor dem italienischen Generalkonsulat
Mahnwache mit rund 100 Teilnehmern vor dem italienischen Generalkonsulat in Köln Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Die Vereinten Nationen haben vor einer Kriminalisierung der Seenotrettung gewarnt. Die Rettung von Schiffbrüchigen sei ein humanitärer Imperativ und müsse unbedingt beibehalten werden, sagte eine Sprecherin des Flüchtlingshilfswerks UNHCR dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf.

Zeichen der Solidarität

In zwei Spendenaktionen waren nach der Festnahme Racketes mehr als 1,3 Millionen Euro für die deutsche Hilfsorganisation "Sea Watch" zusammengekommen. Sie sollen nach Angaben von "Sea Watch" einerseits für die Gerichtskosten verwendet werden und andererseits für die Anschaffung eines neues Schiffes, wenn das derzeitige beschlagnahmt bleibt. Außerdem haben bislang mehr als 300.000 Menschen eine Onlinepetition für Racketes Freilassung unterzeichnet.

bri/as (epd, kna, dpa)