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Mittelständler nach Afrika

9. Februar 2011

Minister Niebel will den Mittelstand für die Entwicklungszusammenarbeit mobilisieren. Dabei werde keine Außenwirtschaftsförderung betrieben, sondern auf "Entwicklungsdynamik" geachtet, erklärte der Minister in Potsdam.

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Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, und Victor Stimming, Präsident der IHK Potsdam, schauen sich in Potsdam ein Model des "Regenbogenprojektes 2011" an (Foto: dpa)
Dirk Niebel bei der Vorstellung seiner Initiative in PotsdamBild: picture alliance/dpa

Wer das "Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung" meint und die Abkürzung "BMZ" vermeiden möchte, sagt - schon der Kürze wegen - gern "Entwicklungshilfeministerium". Das gefällt dem derzeitige Minister Dirk Niebel zwar nicht, doch er wird daran wenig ändern können. Er erlaube sich aber, dem eigentlichen Namen seines Ministeriums "ein Stück weit mehr Inhalt zu geben", sagte Niebel diese Woche vor der Industrie- und Handelskammer in Potsdam und verkündete eine neue Offensive zur Einbindung des deutschen Mittelstandes in die Entwicklungspolitik.

Wirtschaft sei schließlich der Schlüssel für nachhaltige Entwicklung, dabei spiele privates Engagement die Hauptrolle, sagte Niebel. Im vergangenen Jahr 2010 seien weltweit 120 Milliarden US-Dollar für staatliche Entwicklungskooperation ausgegeben worden, aber zehn Mal mehr an privaten Direktinvestitionen in diese Länder geflossen. Daran sähe man, dass das Investment der privaten Wirtschaft das Entscheidende sei, um die Lebenssituation in Entwicklungsländern zu verbessern, ist Niebel überzeugt.

Kein Hürdenlauf mehr für Kooperationswillige

In der brandenburgischen Landeshauptstadt begann das BMZ eine Werbetour unter dem Motto "wirtschaft.entwickelt.global", mit der man die Mittelständler in ganz Deutschland von den Chancen eines Engagements in Schwellen- und Entwicklungsländern überzeugen und Hilfestellung dabei leisten will. Die "bundesweite Roadshow" soll nach Niebels Worten durch "bis zu 30 Industrie- und Handelskammern führen", um die Ressourcen der mittelständischen Wirtschaft, die immerhin 95 Prozent der deutschen Unternehmen umfassen, für die Entwicklungspolitik zu heben.

Berliner Dienstsitz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Foto: dpa)
Das BMZ kann dieses Jahr 6,22 Milliarden Euro ausgeben - hier der Berliner Dienstsitz des MinisteriumsBild: picture alliance/dpa

Niebel will aus seinem Ministerium 30 bis 50 Referenten in die Regionen entsenden, die als "Scouts" die Wege durch den Dschungel von Instanzen und Förderprogrammen der deutschen Entwicklungspolitik weisen. Auch Machbarkeitsstudien für Investitionen würden künftig vom BMZ unterstützt. Im Berliner Ministerium selbst sollen kooperationswillige Unternehmer nicht mehr einen Hürdenlauf durch verschiedene Fachbereiche absolvieren müssen, sondern von einer Service-Stelle betreut werden. Eine Idee, die auf jeden Fall mehr Beifall unter den versammelten Unternehmern erntete, als die zahlreichen unbekannten Termini und Abkürzungen, mit denen die Entwicklungsprofis auf dem Podium um sich warfen.

Linke sieht Ministerium als Lobbyverein

Der Bundestagsabgeordnete der oppositionellen Linken, Niema Movassat, kritisierte die Initiative des FDP-Ministers, weil dieser weiter daran arbeite, "sein Ministerium in einen internationalen Lobbyverein für die deutsche Wirtschaft umzuwandeln". Dagegen versicherte Niebel, die Trennlinie zum Wirtschaftsministerium werde stets eingehalten: "Bei unseren Konzepten gucken wir immer nach einer Entwicklungsdynamik, die ein Projekt mit sich bringt, das ist die Voraussetzung, dass wir fördern können."

Von Geld, Kenntnissen und Kompetenzen der Mittelständler würden alle profitieren, betonte der Minister: Die Menschen in den Partnerländern hätten Chancen auf Einkommen und Entwicklung, die deutsche Wirtschaft erhalte Zugang zu neuen Märkten und der deutsche Steuerzahler werde entlastet.

Der deutsche Mittelstand sei zwar auf dem Weg der Internationalisierung vorangekommen, so hieß es während der Auftaktveranstaltung, doch setze er vor allem auf Export und weniger auf Investitionen in der Fremde, die oft als schwierig und riskant eingeschätzt würden. Bisher gab es im Bundesland Brandenburg 30 Partnerschaften zwischen Unternehmen und den zahlreichen Organisationen der deutschen Entwicklungspolitik für gemeinsame Projekte, vor allem in Asien.

Chancen und Rendite in Afrika

Experten beraten Handwerker auf einer Baustelle in Äthiopien (Foto: dpa)
Deutsche Ingenieure beraten äthiopische HandwerkerBild: picture-alliance/dpa

Niebel warb vor allem für ein größeres Engagement in Afrika, wo es "viele ungenutzte Chancen und höhere Rendite" als in anderen Regionen gebe.

Die Initiative des BMZ wurde von den brandenburgischen Unternehmern wohlwollend aufgenommen. Er begrüße vor allem die Idee, eine einzige Anlaufstelle zu schaffen, sagte Hans Odenthal vom Märkischen Institut für Technologieförderung. Gerhard Meyer von der Firma MEYTEC Informationssysteme sieht zwar großes Entwicklungspotential bei den Leistungen seines Unternehmens, will aber erst genau abwägen. Man sei derzeit an Projekten der Telemedizin in Brunei beteiligt und habe gute Erfahrungen gemacht, es sei immer pünktlich bezahlt worden. Aber Brunei sei eben kein klassisches Entwicklungsland.

Autor: Bernd Gräßler
Redaktion: Kay-Alexander Scholz