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Schäuble verteidigt Irland-Hilfen

29. November 2010

Am Wochenende haben sich die EU-Staaten und der internationale Währungsfonds auf eine Nothilfe für Irland geeinigt. Der deutsche Finanzminister hält die Hilfen für alternativlos.

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Wolfgang Schäuble mit Bundeskanzlerin Merkel (Bild: dpa)
Wolfgang Schäuble mit Kanzlerin MerkelBild: picture-alliance/dpa

In den letzten Wochen haben Medien gelegentlich durchgespielt, was wäre, wenn der Euro scheitert und die Länder wieder ihre nationalen Währungen einführen. Der frühere Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, schlug sogar vor, den Euro in zwei Währungen zu trennen: die starken Wirtschaften unter Führung Deutschlands in einem "Nord-Euro", Frankreich und die schwächelnden Wirtschaften Südeuropas könnten sich in einem flexibleren "Süd-Euro" zusammenfinden. Auch wenn solche Ideen bisher nur Ausnahmeerscheinungen sind – dass jetzt nach Griechenland noch ein Land mit EU-Geldern vor dem Bankrott bewahrt werden muss, beunruhigt viele in der EU.

Das weiß auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Dennoch verteidigt er den Kompromiss von diesem Wochenende. Wenn die gemeinsame europäische Währung nicht erfolgreich verteidigt werden könne, hätte das für Deutschland "unabsehbare wirtschaftliche, soziale Folgen und auch Folgen für die öffentlichen Haushalte", sagte Schäuble in Berlin. Die Irlandhilfe liege in der "nationalen Verantwortung" Deutschlands.

Irland muss Milliarden sparen

Irlands Premierminister Brian Cowen bei der Vorstellung seiner Sparpläne (Bild: dpa)
Irlands Premierminister Brian Cowen bei der Vorstellung seiner SparpläneBild: picture-alliance/dpa

Die EU-Länder haben sich darauf geeinigt, die irische Regierung mit Bürgschaften von 85 Milliarden Euro gegen die Bankenkrise und einen drohenden Staatsbankrott abzusichern. Die Bürgschaften werden von den Euro-Ländern, der EU und dem Internationalen Währungsfonds übernommen. Deutschland wird mit Bürgschaften von 6,25 Milliarden Euro helfen – zusätzlich zu seinem Anteil an den 22 EU-Milliarden. Im Gegenzug musste die irische Regierung zusagen, in den nächsten vier Jahren 15 Milliarden Euro einzusparen – zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Beitrag, den die 4,5 Millionen Iren leisten müssen, entspräche auf Deutschland umgerechnet einem Betrag von 225 Milliarden Euro.

Irland wird die Studiengebühren anheben, Stellen im öffentlichen Dienst streichen und Gehälter von Staatsbediensteten kürzen. Auch die Sozialleistungen werden deutlich niedriger ausfallen. Genau das kritisiert die Opposition in Deutschland. Das irische Sparpakt werde zu einem "Einschnüren der wirtschaftlichen Leistung" führen, sagte der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst. Die Linke wolle, "dass tatsächlich diejenigen belastet werden, die es verursacht haben."

"Ohrfeige für Frau Merkel"

Zehntausende Iren protestierten am Wochenende gegen die Sparpläne (Bild: AP)
Zehntausende Iren protestierten am Wochenende gegen die SparpläneBild: AP

Linke und SPD fordern, dass eine Finanztransaktionssteuer und eine Bankenabgabe zur Finanzierung herangezogen werden. Außerdem müsse Irland seine Körperschaftssteuer anheben. Mit niedrigen Steuern für Unternehmen hatte die Insel jahrelang Investoren aus anderen europäischen Ländern angelockt. In die irische Steuerpolitik einzugreifen, sei nach dem europäischen Recht gar nicht möglich, entgegnete Schäuble: "Es ist eine Entscheidung Irlands und das müssen wir respektieren."

Parallel haben die Regierungen der EU-Länder am Wochenende auch Eckpunkte für einen neuen Krisenmechanismus vereinbart, der in Zukunft bei drohenden Zahlungsschwierigkeiten von Mitgliedsländern schnelle Hilfe leisten soll. Neu ist an dem Mechanismus, der ab 2013 wirken soll, dass private Gläubiger der Staaten mit haften sollen – allerdings nur, wenn dem Staat wirklich die Pleite droht. Deutschland hatte verlangt, private Gläubiger noch wesentlich stärker an den Kosten zu beteiligen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprach daher von "einer Ohrfeige für Frau Merkel".

Deutschland sieht sich traditionell als Ordnungshüter der europäischen Währung, und musste bereits bei vergangenen Verhandlungen erleben, dass seine Forderungen etwa nach automatischen Strafen bei zu hoher Staatsverschuldung von den EU-Partnern nicht mitgetragen wurden.

Autor: Mathias Bölinger

Redaktion: Monika Lohmüller