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Schwimm mal wieder

Daniel Scheschkewitz8. Juli 2002

Bei Temperaturen von 40 Grad gehört es zu den durchaus angenehmen Seiten des Stadtlebens in Washington, dass es fast überall Nachbarschaftspools gibt. Allerdings hat diese Annehmlichkeit durchaus ihre Tücken.

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Eine solche Einrichtung lässt sich nicht so ohne weiteres mit einem deutschen Freibad vergleichen. Schon allein deshalb nicht, weil die Benutzung einer solchen Anlage umsonst ist, dafür aber mit der Beachtung eines komplexen Regelwerkes verbunden ist. Ein solches Regelwerk ließe eine deutsche Mietshausordnung aus den späten Sechziger Jahren als provokantes Laissez-Faire-Bekenntnis erscheinen.

Fein säuberlich unterteilt sind die jeweils durch Markierungen abgetrennten Bahnen einzelnen streng unterschiedenen Aktivitäten vorbehalten. Planschen und Herumtollen nur in Bahn eins, legeres Brustschwimmen ohne erhöhte Leistungsambition auf Bahn zwei, schnelles Kraulen oder andere olympische Schwimmdisziplinen auf Bahn drei, aber nur zwischen 18 und 20 Uhr.

Adults only

Kinder, Kleinkinder und etwaiges Spielzubehör werden durch beherztes Trillerpfeifen der Schwimmmeister im Halbstunden-Takt aus dem Becken verbannt. "Adults only - Nur Erwachsene" schallt es dazu in einem Ton über die Anlage, der jedem deutschen Hausmeister zur Ehre gereichen würde. Während ich langsam auf Bahn zwei in eine Richtung schwimme - abrupte Richtungswechsel sind nicht erlaubt - animiert mich der Anblick der auch hier obligatorischen Nationalfahne zu trüben Gedanken.

Wie weit reicht eigentlich die stets proklamierte Freiheit in Amerika? Da spricht mich plötzlich eine Mitschwimmerin mit empörten Ton in der Stimme an. Ob ich Kreise schwimmen wolle oder gerade Bahnen? Mein fragender Blick durch die trübe Chlorbrille bewirkte immerhin einen klärenden Nachschub: entweder Kreise, dann aber bitte konsequent. Oder gerade Bahnen , dann aber bitte nur links. Wenn ich Probleme damit hätte, könnte ich es gerne noch mal in den angeschlagenen Baderegeln nachlesen.

Telefon-Freiheit

Etwas genervt verließ ich das Becken, um mich vom grotesken Bestehen einer solchen Regel selbst zu überzeugen, als mich der strenge Blick des Bademeisters traf. Gerade hatte mein Handy geklingelt, was natürlich am Pool streng verboten ist. Die Regel der Mitschwimmerin konnte ich dann doch nicht in der langen Liste Badebestimmungen finden. Inzwischen klingelte aber wieder das Handy. Diesmal allerdings in dem für Telefongespräche zugelassenen Teil der Liegefläche.

Es handelte sich, mal wieder, um einen unerbetenen Werbeanruf. Diese Freiheit, dachte ich einigermaßen beruhigt, die lassen sich amerikanische Firmen dann doch nicht nehmen.