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Schwerer Rückschlag für Schwarz-Gelb in NRW

10. Mai 2010

In Nordrhein-Westfalen ist die Koalition aus CDU und FDP abgewählt worden. Damit verliert die Bundesregierung ihre Mehrheit im Bundesrat. In NRW sind weder eine schwarz-gelbe noch eine rot-grüne Koalition möglich.

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Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (Foto: apn)
Bittere Niederlage für Ministerpräsident RüttgersBild: AP

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis verlor die CDU von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl vom Sonntag (09.05.2010) gut zehn Prozentpunkte und kam auf 34,6 Prozent der abgegebenen Stimmen. Damit lagen die Christdemokraten ganz knapp, um 6200 Stimmen, vor der SPD unter ihrer Spitzenkandidatin Hannelore Kraft. Die SPD kam auf 34,5 Prozent - nach 37,1 Prozent bei der vergangenen Wahl. Die Grünen verdoppelten ihr Ergebnis und erreichten 12,1 Prozent. Die FDP erzielte leichte Gewinne und kam auf 6,7 Prozent. Die Linkspartei zieht mit 5,6 Prozent erstmals in den Landtag in Düsseldorf ein. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 59,3 Prozent (63,0 Prozent 2005).

Daraus ergibt sich folgende Sitzverteilung: CDU 67 Sitze, SPD 67, die Grünen 23, die FDP 13 und die Linke 11. Demnach hat weder die schwarz-gelbe Regierungskoalition noch ein rot-grünes Bündnis eine Mehrheit im Landtag.

Hannelore Kraft (Foto: apn)
Darf sich trotz Verlusten als Siegerin fühlen: SPD-Spitzenkandidatin KraftBild: AP

Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren hatte die SPD eine historische Niederlage hinnehmen müssen. Nach fast 39-jähriger Vorherrschaft mussten die Sozialdemokraten erstmals wieder in die Opposition.

Auswirkungen bis nach Berlin

Klar ist nur, dass die Wahl auch das politische Gefüge der gesamten Bundesrepublik verändern wird. Denn der Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Düsseldorfer Landtag hat zur Konsequenz, dass die Koalitionsregierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Mehrheit im Bundesrat, also der zweiten Parlamentskammer, verliert. Damit wäre die Bundesregierung bei zahlreichen politischen Vorhaben auf die Zustimmung der Opposition angewiesen.

Die SPD hatte bereits angekündigt, im Bundesrat etwa gegen die Kopfpauschale im Gesundheitssystem, gegen verlängerte Atom-Laufzeiten und für Mindestlöhne einzutreten. Dies würde bedeuten, dass Merkel und ihr Vizekanzler, der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle, auf wesentliche Punkte ihres Regierungsprogramms verzichten müssten.

Stimmungstest für das ganze Land

Bundesaußenminister Guido Westerwelle beim wählen (Foto: apn)
Bundesaußenminister Guido Westerwelle wählte selbst - aber für seine FDP reichte es nichtBild: AP

Auch weil die Wahl in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, die einzige Landtagswahl in diesem Jahr ist, sehen politische Beobachter in ihr einen wichtigen Stimmungstest für ganz Deutschland.

Bereits während des Wahlkampfs waren die bundespolitischen Einflüsse auf diese Landtagswahl hoch. Nachdem die schwarz-gelbe Bundesregierung monatelang zwischen der Notwendigkeit von - für die Bevölkerung möglicherweise schmerzhaften - Sparbeschlüssen und der Ankündigung von Steuererleichterungen lavierte, sank die Zustimmung für die Politik der Bundesregierung merklich. Zudem sind viele Wähler nicht einverstanden mit dem Beschluss, Griechenland mit Milliardenkrediten unter die Arme zu greifen. Ministerpräsident Rüttgers warnte deshalb bereits während des Wahlkampfes vor einem "Denkzettel" für die CDU.

Die FDP trauert - die SPD jubelt

Westerwelle kündigte Konsequenzen für den Kurs seiner Partei im Bund an. "Die Wahl in Nordrhein-Westfalen war ein Warnschuss auch für die Regierungspartei im Bund gewesen" und sei gehört worden, sagte Westerwelle in einer ersten Reaktion auf den Wahlausgang. Das Signal werde wahrgenommen werden, die FDP wolle ihre Arbeit verbessern.

SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigte sich in einer ersten Reaktion sehr zufrieden mit dem Wahlausgang. "Das System Rüttgers in Nordrhein-Westfalen ist abgewählt. Die Koalition hat auch im Bund keine Mehrheit mehr", sagte er unter dem tosenden Beifall von SPD-Anhängern in der Berliner SPD-Parteizentrale. Mit ihrem Wahlerfolg in Nordrhein-Westfalen habe die SPD die Trendwende eingeleitet. Jetzt müssten die Sozialdemokraten aber auch noch deutlich machen, dass sie die bessere Alternative seien.

Ministerpräsident Rüttgers sprach nach den schweren Verlusten für seine Christdemokraten von einem "bitteren Abend". Noch sei aber unklar, wie eine neue und stabile Regierung für das Land gebildet werden könne, sagte Rüttgers in Düsseldorf mit Blick auf den knappen Wahlausgang.

Welch große Bedeutung die Wahl im bevölkerungsreichsten Bundeslandes haben kann, zeigte sich im Jahr 2005. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sah nach der Niederlage der rot-grünen Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen auch in Berlin keine Perspektiven mehr für sein Regierungsbündnis und entschloss sich, eine vorgezogene Neuwahl einzuleiten. Das Ergebnis ist bekannt. Seit dieser Neuwahl heißt die Kanzlerin Angela Merkel.

Autor: Martin Muno (mit dpa, apn, afp, rtr)
Redaktion: Christian Walz