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Rammstein: Neue Vorwürfe gegen Till Lindemann

2. Juni 2023

Rammstein-Sänger Till Lindemann soll Recherchen von NDR und SZ zufolge mehrere Frauen sexuell genötigt haben. Die Band äußert sich bislang nicht zu den Vorwürfen.

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Rammstein Konzert Düsseldorf, Frontsänger Till Lindemann singt in ein Mikrofon.
Rammstein-Sänger Till Lindemann 2022 in DüsseldorfBild: Malte Krudewig/dpa/picture alliance

Es geht um Drogen, Sex und Gewalt. Um Partys, die vor und nach Rammstein-Konzerten stattfinden sollen. Um weibliche Gäste, die mutmaßlich von der Rammstein-Crew aus dem Publikum geholt werden, um die Bandmitglieder und vor allemFrontmann Till Lindemann backstage zu "unterhalten", wie das Recherchenetzwerk von NDR und "Süddeutscher Zeitung" (SZ) aufdeckte.

Im Februar 2020 soll Till Lindemann einen weiblichen Rammstein-Fan vor einem Konzert in den Backstagebereich geführt und mit ihr Sex gehabt haben. Gegenüber NDR und SZ sagte die Frau: "In dem Moment habe ich nur gedacht: Oh mein Gott, das tut weh, hoffentlich ist es bald vorbei." Die zu dem Zeitpunkt des Vorfalls 22-jährige Frau beschreibt den Geschlechtsverkehr als "ziemlich schnell und ziemlich gewaltvoll". Den Fall habe sie dennoch nicht zur Anzeige gebracht, wohl aber Freunden davon erzählt, die ihre Aussage gegenüber NDR und SZ bestätigten.

Sex unter Drogeneinfluss

Eine andere Frau, die ebenfalls anonym bleiben möchte, berichtete gegenüber dem Recherchenetzwerk, dass Till Lindemann sie nach einer Aftershowparty unter Drogen gesetzt und sexuell missbraucht habe. Die damals 21-Jährige habe besinnungslos auf einem Hotelbett gelegen, Till Lindemann über ihr. Erst ein Gedicht Lindemanns, dass sie später gelesen hat, habe ihr klar gemacht, was damals eigentlich passiert sei. Darin heißt es "Schlaf gerne mit dir wenn du träumst/ Weil du alles hier versäumst/ Und genauso soll das sein (so soll das sein so/ macht das Spaß)/ Etwas Rohypnol im Wein /etwas Rohypnol ins Glas)/ Kannst dich gar nicht mehr bewegen".

Shelby Lynn aus Irland war im Mai 2023 zum Tourauftakt der "Europe Stadium-Tour" nach Vilnius gereist. Dort sei sie zu einer Party vor dem eigentlichen Konzert eingeladen worden und habe dort Till Lindemann getroffen, der Sex mit ihr wollte, so berichtet sie. Sie aber habe abgelehnt, worauf Lindemann sehr aggressiv reagiert haben soll.

Zudem vermutet sie, dass ihr Drogen wie etwa K.O.-Tropfen verabreicht worden seien, denn sie habe lediglich zwei alkoholische Getränke und einen Tequila-Shot zu sich genommen und könne sich trotzdem an nichts mehr erinnern. Als sie später im Hotel aufgewacht sei, habe sie Schmerzen und Übelkeit verspürt und sei am ganzen Körper voller Prellungen und Blutergüsse gewesen. Im Netz postete sie ein Bild von ihren Verletzungen und hat nach eigenen Angaben Anzeige erstattet.

Rammstein-Sänger Till Lindemann steht auf einer Bühne voller Flammen und Qualm, aus seinem Rücken schießt Feuer.
Die diesjährige Rammstein-Tour geht bis AugustBild: Matthias Matthies

Das System "Row Zero"

Offenbar hat Rammstein ein System etabliert, das den Bandmitgliedern junge Frauen zuführt, berichtet die "Neue Zürcher Zeitung". Die Frauen würden über Instagram gecastet und in die "Row Zero" eingeladen, einen abgetrennten Bereich unmittelbar vor der Bühne. Dorthin komme man nur auf Einladung der Band. Die Frauen würden angewiesen, sich attraktiv zu kleiden und hätten Zugang zur Pre- und Aftershow-Partys mit Till Lindmann und den übrigen Bandmitgliedern - Alkohol und Drogen gäbe es dort gratis. Anschließend würden die Frauen eingeladen, mit der Band ins Hotel zu fahren. Auch gegenüber NDR und SZ berichteten mehrere Frauen von diesem System und belegten es mit Screenshots aus Chat-Gruppen und Fotos.

Rammstein weisen Vorwürfe zurück

Lindemann selbst hat sich noch nicht zu den Anschuldigungen geäußert, die Band Rammstein aber wies auf ihrem Twitter-Kanal alle Vorwürfe zurück; so etwas habe sich nicht in ihrem Umfeld zugetragen. Auch seien ihnen keine behördlichen Ermittlungen bekannt.

Das Thema kursierte über das Wochenende im Netz und sorgte für heftige Diskussionen. Es meldeten sich weitere Frauen - anonym - die von ähnlichen Erlebnissen berichten und Shelby ihre uneingeschränkte Solidarität bekunden. Andere Stimmen mahnten zur Vorsicht mit solchen Behauptungen, solange nichts erwiesen sei.

Dennoch halten viele Rammstein-Fans den Twitter-Post der Band für zu wenig und fragen in ihren Kommentaren auf den Social Media-Profilen der Band, warum sie sich nicht deutlicher äußert. So fragt eine Userin auf Instagram: "Wollt ihr nicht wenigstens versuchen, dieses Problem zu lösen?" Es sei zu ernst dafür, dass ein einziger Tweet etwas bewirken könne. Rammstein jedoch halten sich zurzeit bedeckt und posten Bilder von ihren Auftritten.

Sache der Ermittler in Litauen

Shelby Lynn hat sich inzwischen erneut zu Wort gemeldet. Auf Twitter stellte sie klar, dass Lindemann sie nicht angerührt habe. "Er akzeptierte, dass ich keinen Sex mit ihm haben wollte. Ich habe nie behauptet, dass er mich vergewaltigt hat".

Lynn hat den Twitter-Account, auf dem sie die Anschuldigungen erhoben hat, am 25. Mai 2023 erstellt, mit den Worten: "Ich bin das Mädchen, das bei Rammstein unter Drogen gesetzt wurde." Alle Posts, die darauf zu lesen sind, handeln von diesem Fall.

Nun ist es Sache der ermittelnden Behörden, den Vorfall aufzuklären. Für Till Lindemann gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung. Genauso wie für Shelby Lynn und die anderen Frauen, die die Vorwürfe gegen den Musiker erhoben haben.