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NATO soll Flüchtlingen nicht geholfen haben

5. August 2011

Die italienische Küstenwache hat erneut Hunderte Flüchtlinge aus Afrika von einem fahruntüchtigen Schiff im Mittelmeer gerettet. Ein NATO-Schiff in der Nähe soll nicht auf den Hilferuf reagiert haben.

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Medizinische Hilfe für die Flüchtlinge auf Lampedusa (Foto: dpa)
Medizinische Hilfe für die Flüchtlinge auf LampedusaBild: picture alliance/dpa

Die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer nimmt kein Ende. Auf einem Flüchtlingsschiff aus Libyen sind laut Augenzeugenberichten während der Überfahrt nach Italien etwa hundert Menschen gestorben. Die Männer an Bord seien gezwungen gewesen, "die Leichen... während der Fahrt über Bord zu werfen", sagte ein Überlebender am Freitag (05.08.2011) den italienischen Beamten auf der Insel Lampedusa. Gestorben seien vor allem Frauen. Auch andere Überlebende berichteten von zahlreichen Menschen, die an Hunger und Durst gestorben und dann über Bord geworfen worden seien.

Flüchtlingsboote auf Lampedusa (Foto: dpa)
Der Flüchtlingsstrom von Libyen nach Lampedusa reißt nicht abBild: picture-alliance/dpa

Dieses neue Flüchtlingsdrama könnte diplomatische Folgen haben, wie italienische Medien am Freitag berichteten. Denn italienische Behörden hätten ein NATO-Schiff in der Nähe erfolglos aufgefordert, dem Boot zu helfen. Das römische Außenministerium hat nun von der NATO eine Erklärung zu dem Vorfall verlangt.

Tagelang vergeblich auf Hilfe gewartet

Gerettetes Baby (Foto: dpa)
Auch Kleinkinder befinden sich auf den FlüchtlingsbootenBild: picture-alliance/dpa

Laut italienischer Küstenwache trieb das Boot bereits länger als 36 Stunden auf dem Meer, bis es schließlich am Donnerstag entdeckt wurde. Die Küstenwache brachte mehr als 300 Überlebende des Unglücksbootes aus den libyschen Gewässern zur nahe gelegenen Insel Lampedusa. Viele der Geretteten seien in lebensbedrohlichen Zuständen gewesen und sollen weiter medizinische Behandlung benötigen. Tagelang hätten sie vergebens auf Hilfe gehofft. Drei Flüchtlinge, darunter auch eine Schwangere, seien umgehend mit Hubschraubern in Krankenhäuser gebracht worden.

Die Küstenwache erreichte das Flüchtlingsboot etwa 90 Seemeilen (knapp 170 Kilometer) von Lampedusa entfernt auf See. Mit vier Schiffen wurden die Überlebenden dann in Sicherheit gebracht. Das Boot war östlich von Tripolis aufgebrochen, um dem anhaltenden Bürgerkrieg im Land zu entfliehen. Wegen der aussichtslosen Lage des fahruntauglichen Bootes hatte ein zyprischer Schlepper als erstes ein SOS-Signal gegeben.

Kürzlich erst 25 Flüchtlinge erstickt

Die Leichen der Flüchtlinge werden weggetragen (Foto: dpa)
25 Flüchtlinge wurden tot in einem Boot aufgefundenBild: picture-alliance/dpa

Erst am vergangenen Montag hatten die Italiener unter Deck eines Bootes aus Libyen die Leichen von 25 jungen Männern gefunden, die dort erstickt waren. Das kleine Schiff war ebenfalls auf dem Weg nach Lampedusa. Gegen sechs Schlepper ermittelt die Staatsanwaltschaft. Auf der Überfahrt mit oftmals kaum seetauglichen Booten von nordafrikanischen Küsten nach Europa kommt es immer wieder zu Flüchtlingsdramen.

Auch im Mai sollen Hunderte von Menschen nach dem Schiffbruch ihres Bootes vor der Küste von Tripolis nicht mehr das Land erreicht haben. Anfang Juni starben den Berichten zufolge 270 Flüchtlinge eines mit 700 Menschen überfüllten Bootes aus Libyen im Mittelmeer. Seit Beginn des NATO-Einsatzes gegen das Regime von Diktator Muammar al-Gaddafi erreichten mehr als 20.000 Flüchtlinge von dort Italien, die meisten von ihnen über Lampedusa.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, afp, dapd)

Redaktion: Sabine Faber