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Politik

Fehler bei "Gorch Fock"-Sanierung eingeräumt

1. März 2019

War das deutsche Segelschulschiff "Gorch Fock" zuletzt eine Gefahr für die Besatzung? Zu diesem Ergebnis kam ein Prüfbericht des Bundesrechnungshofs. Das Verteidigungsministerium widerspricht, räumt aber Fehler ein.

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Segelschulschiff Gorch Fock
Bild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

In der Affäre um das Marine-Segelschulschiff "Gorch Fock" muss das Bundesverteidigungsministerium kleine Brötchen backen. In einem Schreiben an Bundestagsabgeordnete räumte das Ministerium von Ursula von der Leyen erhebliche Versäumnisse ein und nannte die Kritik des Bundesrechnungshofes zur Causa "Gorch Fock" berechtigt.

Der Rechnungshof hatte in einem Prüfbericht schwere Versäumnisse bei der Instandsetzung des im Jahr 1958 gebauten Segelschiffs festgestellt. So waren für die Sanierung des Dreimasters Ende 2015 noch knapp zehn Millionen Euro veranschlagt worden. Inzwischen sind die Kosten auf 135 Millionen Euro gestiegen. Der Rechnungshof hatte am 3. Januar bemängelt, die Sanierung des Dreimast-Seglers durch die Elsflether Werft in Niedersachsen sei 2016 begonnen worden, ohne den Zustand des Schiffes und die Wirtschaftlichkeit ausreichend zu prüfen. Die letzte vollständige und dokumentierte Untersuchung der "Gorch Fock" gab es demnach im Jahr 1979.

Besatzung in Gefahr?

Über mehrere Jahre sei der Betrieb des Schiffes aus Expertensicht eine Gefahr für die Besatzung gewesen, stellten die Prüfer fest. Zudem habe Ministerin von der Leyen für Kostensteigerungen zwei Mal grünes Licht auf Basis von "falschen oder nicht hinreichend aussagekräftigen Informationen" gegeben, die sich im Januar 2017 und März 2018 in sogenannten Leitungsvorlagen fanden, so die Prüfer.

In der Stellungnahme des Ministeriums an den Bundestag heißt es, man habe die Feststellungen des Bundesrechnungshofes zum Anlass für interne Prüfungen genommen. Diese seien noch nicht abschließend aufgearbeitet worden. Aber "der bisherige Stand erlaubt es bereits festzustellen, dass wir dem überwiegenden Teil der Darstellungen des Bundesrechnungshofes sowie den Empfehlungen im Wesentlichen folgen und die zusammenfassenden Bemerkungen teilen".

Ursula von der Leyen besucht Segelschulschiff Gorch Fock im Dock
Ursula von der Leyen besucht die "Gorch Fock" im Dock (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/M. Assanimoghaddam

Allerdings weist das Ministerium in seiner Expertise auch Vorwürfe des Rechnungshofes zurück. In der Stellungnahme schreibt es, eine Gefahr für Besatzung und Offiziersschüler habe "jedenfalls seit Abschluss der Instandhaltungsmaßnahmen 2012 bis zum Beginn des aktuellen Instandhaltungsvorhabens nicht bestanden". Die Sicherheit der Soldaten sei nicht beeinträchtigt gewesen.

Noch keine vernünftige Entscheidungsgrundlage

Der Ministeriumssprecher Jens Flosdorff räumte ein, der Zustand des Segelschulschiffs sei über mehrere Jahrzehnte nicht geprüft worden. Deswegen hätte vor Beginn der Instandsetzung 2015 der Gesamtreparaturbedarf deutlich sorgfältiger analysiert werden müssen. "Das ist nicht erfolgt", sagte Flosdorff. Er fügte hinzu: "Wir haben im Moment noch keine vernünftige Entscheidungsgrundlage, wie es mit der 'Gorch Fock' weitergeht." Deswegen könne auch noch nicht entschieden werden, ob das Schiff überhaupt weiter instandgesetzt werden soll.

Der Rechnungshof bekräftigte derweil nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa seine Kritik und teilte mehreren Abgeordneten mit, die Haltung des Ministeriums zur Seetüchtigkeit des Schiffes sei nicht nachvollziehbar. Die durchgeführten Instandsetzungsmaßnahmen "bestätigen unsere Einschätzung, dass die Marine nicht davon ausgehen konnte, dass das Schiff bis zur Eindockung Anfang 2016 uneingeschränkt seetüchtig war", hieß es.

Segelschulschiff Gorch Fock
Ein Bild aus besseren Zeiten: Das Segelschulschiff im Jahr 2008 in der Kieler FördeBild: picture-alliance/dpa/C. Rehder

Zu der gravierenden Kostensteigerung und der zeitlichen Verzögerung bei der Sanierung waren jüngst die erheblichen finanziellen Schwierigkeiten der Elsflether Werft gekommen, die einen Insolvenzantrag gestellt hat. Hintergrund sind mutmaßlich veruntreute Gelder in Millionenhöhe, was von der Leyen der inzwischen geschassten Leitungsriege der Werft zuschrieb.

Opposition übt scharfe Kritik

Die Opposition äußerte sich sehr kritisch zu den jüngsten Vorgängen. Der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein forderte die Ministerin auf zu handeln, anstatt nur einzuräumen und anzukündigen. "Auch ihre eigene Amtszeit gehört auf den Prüfstand", erklärte er. Die Antwort auf den Rechnungshofbericht lese sich wie eine Verteidigungsschrift in eigener Sache. Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner betonte: "Ministerin von der Leyen kann sich nicht nur als Opfer der kriminellen Machenschaften einer Werft inszenieren. Sie hat erhebliche eigene Fehler gemacht." Matthias Höhn, sicherheitspolitischer Sprecher der Linken, erklärte, die Ministerin trage die politischen Verantwortung, und unterstrich: "Die 'Gorch Fock' gehört in den Museumshafen, die Ministerin in den Ruhestand."

kle/jj (afp, dpa)