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Regierungskrise

Thomas Bärthlein12. Mai 2008

Nur wenige Wochen nach ihrem Amtsantritt steht die Große Koalition in Pakistan bereits wieder vor dem Aus. Nawaz Sharifs Muslim-Liga zieht ihre Minister aus dem Kabinett zurück.

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Nawaz Sharif zieht zurückBild: AP

Die Koalitionspartner konnten sich nicht über die Modalitäten verständigen, die von Präsident Musharraf im Herbst entlassenen Richter wieder einzusetzen. Genau das aber hatten sie gemeinsam feierlich versprochen. Am Montag (12.5.2008) lief nach dem 30. April zum zweiten Mal eine Frist ab, die sich die Regierungsparteien selbst für die Wiedereinsetzung der Richter gesteckt hatten. Noch in den letzten Tagen hatten Nawaz Sharif und Asif Zardari bei Verhandlungen in Dubai und zuletzt in London versucht, eine Einigung in letzter Minute hinzubekommen – aber ohne Erfolg.

Pakistan Asif Ali Zardari
Asif Ali ZardariBild: AP

Musharraf fürchtet die Richter um Iftikhar Chaudhry, weil sie seine Wiederwahl für illegal erklären könnten. Nawaz Sharifs Partei bestand darauf, die Richter wieder ins Amt zu bringen, während die People's Party von Benazir Bhuttos Witwer Asif Zardari immer neue Einwände vorbrachte. Hamid Khan, einer der Anführer der Bewegung der Anwälte gegen Musharraf, wirft der People's Party Verrat vor: Sie habe heimlich mit dem Musharraf-Lager gemeinsame Sache gemacht: "Musharrafs und Zardaris Berater haben sich regelmäßig getroffen und haben dabei Pläne geschmiedet, wie sie die Bewegung der Anwälte sabotieren können."

Druck der Straße

Die People's Party dürfte jetzt den Druck der Straße zu spüren bekommen. Erste Protest-Demonstrationen von Anwälten und Oppositionsparteien haben bereits in Islamabad stattgefunden.

Pakistans Präsident Pervez Musharraf
Hand im Spiel: Pervez MusharrafBild: AP

Asif Zardari mag einerseits der Wiedereinsetzung der Richter gegenüber skeptisch sein, weil die amtierenden Gerichte gerade erst alle Strafverfahren gegen ihn niedergeschlagen haben.

Die meisten pakistanischen Beobachter gehen aber davon aus, dass noch ein anderer Faktor eine Rolle spielt: Dass auch westliche Länder, insbesondere die USA, Druck auf die Politiker in Pakistan ausüben, um ihren alten Verbündeten Pervez Musharraf zu stärken. Ob Zufall oder nicht, das Commonwealth hat Pakistan ausgerechnet am Montag wieder als Vollmitglied aufgenommen, nachdem die Mitgliedschaft wegen der Verhängung des Ausnahmezustands durch Musharraf im Herbst suspendiert worden war.

Druck der USA?

"Die Amerikaner bestehen darauf, dass Musharraf die vollen fünf Jahre seiner Amtszeit erfüllt", sagt Mohammed Ziauddin, Korrespondent der pakistanischen Zeitung "Dawn" in London – wo US-Vizeaußenminister Boucher noch am Wochenende Gespräche mit Nawaz Sharif geführt hat

Und die People's Party steckt zurzeit in einem eigenartigen Dilemma: Soll sie gemeinsam mit Nawaz Sharif offen dagegen rebellieren? Oder soll sie lieber behutsam Schritt für Schritt vorgehen? Nawaz Sharifs Entscheidung vom Montag hat dieses Dilemma endgültig offen gelegt. Die People's Party wird jetzt Farbe bekennen müssen.