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Politik

Schweiz eröffnet Ceneri-Basistunnel

Jens Jensen
4. September 2020

Die neue Nord-Süd-Verbindung durch die Alpen ist ein Jahrhundertprojekt. Nun ist das letzte Puzzlestück fertig - auf einer Achse, die einmal Rotterdam mit Genua verbinden soll.

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Schweiz Eröffnung Ceneri-Basistunnel CBT | Alphornbläser
Sozusagen Tunnel für Töne: Alphörner bei der Eröffnungszeremonie nahe CamorinoBild: Reuters/A. Wiegmann

Alphorn und Alpentransversale - so ungefähr könnte die Schweizer Übersetzung eines Begriffspaares lauten, das ein Ex-Ministerpräsident in Bayern, einem Alpenanrainer also, zu Weltruhm brachte: Laptop und Lederhose. Die von Edmund Stoiber beschworene Verbindung aus Tradition und Moderne steht auch bei der Gebirgsnation weiter südwestlich hoch im Kurs. Mithin durfte bei der feierlichen Eröffnung des Ceneri-Basistunnels jenes Instrument nicht fehlen, das einer Tunnelröhre vielleicht am nächsten kommt.

Schweiz Eröffnung Ceneri-Basistunnel CBT
Hier geht's rein: 15,4 Kilometer lang ist der zweigleisige Zubringer zum Gotthard-BasistunnelBild: picture-alliance/Keystone/G. Bally

Während die Alphörner bliesen, lag - durchaus untypisch für die sprichwörtlich bescheidenen Eidgenossen - etwas Stolz in der Luft. Die neue Gebirgsunterquerung sei, zusammen mit dem Gotthard- und dem Lötschberg-Basistunnel, "das Herzstück des wichtigsten Bahnkorridors zwischen Nordsee und Mittelmeer", sagte die Schweizer Bundespräsidentin. Simonetta Sommaruga sprach euphorisch von einem "Jahrhundertprojekt für unser Land" und der "größten Investition, die wir je getätigt haben".

Zürich - Mailand in drei Stunden

Am Ende steht eine Summe von 24 Milliarden Franken (22,7 Milliarden Euro) auf der Rechnung. Doch die Ambitionen sind kaum geringer als die Baukosten. Der Ceneri-Basistunnel im Tessin ist das letzte Puzzlestück der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT), einer Schweizer Nord-Süd-Verbindung durch das Gebirgsmassiv. Dabei geht es einerseits um Zeitersparnis für Reisende. Zwischen Zürich und Mailand wird sich die Fahrzeit um 40 Minuten auf drei Stunden verkürzen. Nicht weniger wichtig ist aber das ökologische Ziel: Ein beträchtlicher Teil des Warentransports soll von der Straße auf die Schiene verlagert werden.

Schweiz Eröffnung Ceneri-Basistunnel CBT
Auch ein Tunnel braucht ein Logo - natürlich mit viel Rot und etwas Weiß wie die Flagge der SchweizBild: Reuters/A. Wiegmann

Jeden Tag könnten so 3000 Lastwagenfahrten entfallen, wodurch sich der CO2-Ausstoß um 900 Tonnen verringere, rechnete der Generaldirektor der Schweizerischen Bundesbahnen bei der Einweihungszeremonie in Camorino vor. Vincent Ducrot erlaubte sich noch mehr große Zahlen: "In Zukunft werden wir Güterzüge mit einer Länge von 750 Metern haben, die bis zu 2100 Tonnen Güter transportieren können."

Achse Rotterdam - Genua

Wenn der Tunnel im Dezember den Regelbetrieb aufnimmt, könnten täglich 180 Passagierbahnen und 170 Güterzüge diese Strecke nutzen. Sie ist Teil einer Achse, die dereinst den Riesenhafen im niederländischen Rotterdam mit dem Hafen im italienischen Genua am Mittelmeer verbinden soll - auf einer Länge von mehr als 1200 Kilometern.

Schweiz Eröffnung Ceneri-Basistunnel CBT
Der Tunnel soll verbinden, wenngleich die Schere (der Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga) entzweitBild: AFP/F. Coffrini

Allerdings gibt es da noch ein kleines Problem, und das liegt jenseits der Alpen. Anders als die Schweiz hat Deutschland seine Hausaufgaben noch nicht gemacht. Hier hinkt der Streckenausbau, der 1996 in einem Staatsvertrag besiegelt worden war, weit hinterher. Die 182 Kilometer lange Rheintalstrecke zwischen Karlsruhe und Basel ist immer noch ein Nadelöhr im Rhein-Alpen-Korridor. Auch der Ausbau der 73 Kilometer langen Eisenbahnlinie Emmerich-Oberhausen wird noch Jahre dauern.

"Wir drücken ganz fest die Daumen"

Nicht ohne Süffisanz, obschon mit der gewohnten Schweizer Höflichkeit, blies der Gast aus Bern am Rande der Eröffnungsfeier denn auch dem nördlichen Nachbarn den Marsch: "Am Schluss funktioniert dieser Güterverkehrskorridor nur, wenn wirklich alle Staaten mit dabei sind", sagte Bundespräsidentin Sommaruga dem ARD-Fernsehen. "Und da hoffen wir und drücken Deutschland die Daumen, dass sie da jetzt ganz rasch vorwärts kommen." Die Behörden in der Schweiz und in Paris erörtern schon längst, ob der nördliche Zubringer zur Alpentransversale nicht besser auf französischer Seite verlaufen sollte.