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Schwarz-Weiße Realität in Johannesburg

Nina Gruntkowski / Redaktion: Dirk Bathe12. März 2009

Andrew Tshabangu dokumentiert die Lebensverhältnisse in Johannesburg. Und führt damit die Tradition der südafrikanischen Doku-Fotografie fort. Unsere Autorin hat den Südafrikaner bei seiner Arbeit begleitet.

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Andrew Tshabangu sieht die Welt in der Tradition der Doku-FotografenBild: Seippel Gallery

Im Minibus Richtung Johannesburger Zentrum herrscht reges Kommen und Gehen. Kaum hat Andrew Tshabangu Platz genommen, sammelt er auch schon mit geübten Griffen das Geld der anderen Fahrgäste ein: "Wir organisieren die Bezahlung in Reihen. Ich habe unser Geld und das der Frau neben uns nach Vorne durch gereicht. Kommt dann Wechselgeld zurück, verteile ich das wieder unter uns. Da gewöhnt man sich schnell dran.“

Wie Millionen andere Johannesburger verbringt auch der Fotograf viel Zeit in den Minibussen, um von A nach B zu kommen. Der 42-Jährige lebt in den South Western Townships – den ehemals von der Apartheidregierung errichteten Wohnvierteln für Schwarze. Er ist Teil des täglichen Menschenstroms von Soweto in die Innenstadt, wo die meisten arbeiten, und wieder zurück. Der schmächtige Schwarze lässt sich mit den anderen auf den Bree Street Taxi Rank zutreiben – den zentralen Sammeltaxi-Platz in der Johannesburger Innenstadt. Drinnen steuert er zielsicher durch die Gänge des ehemaligen Parkhauses. Niemand bleibt hier auch nur eine Sekunde länger als nötig stehen. "Ich habe die Kamera fast immer in meiner Tasche. Ich nehme sie nur kurz raus, wenn ich was Interessantes sehe. Ich bin ein ganz normaler Pendler. Ich fotografiere, was sich mir bietet. Ich suche nicht nach besonderen Motiven“, sagt Andrew Tshabunga.

Blechlawinen und Alltagsgeschichten sind seine Themen

Der Joubert Park in Johannesburg
Der Joubert ParkBild: Seippel Gallery

Vom ersten Stock des Taxibahnhofs fällt sein Blick auf die große Straßenkreuzung – schnell zückt Andrew Tshabangu die Kamera, um die Blechlawine und den nicht abreißenden Menschenstrom festzuhalten, der sich im Takt der Ampeln über die Straße schiebt. Alles ist in Bewegung – der Rhythmus der Innenstadt ist atemberaubend. Und beinahe ebenso rasant wandelt sich auch die Stadtstruktur: Das einst von Weißen geprägte Stadtzentrum mit seinen Prestigebauten ist heute dem Zerfall preisgegeben. Viele Firmen hatten nach dem Ende der Apartheid, Anfang der 90er Jahre, die Innenstadt verlassen und sich in den vermeintlich sichereren Vororten angesiedelt. Im Zentrum stehen die meisten Bürogebäude leer oder sind illegal besetzt worden, denn der permanente Zuwandererstrom erobert sich neue Räume.

Andrew Tshabunga sieht den Wandel positiv: "Joubert Park war unter der Apartheid ein Ort für Weiße, um sich zu vergnügen. Seit dem politischen Wandel aber strömen immer mehr Menschen in die Stadt, die nicht wissen wovon sie leben sollen. Und so haben einige angefangen, im Park Essen zu kochen und zu verkaufen. Heute sind dort Garküchen, wo früher sonntags weiße Liebespaare und Familien flanieren gingen.“

Urbane Mystik in Rauchschwaden

Blick in die Taxi Rank Bree Street in Johannesburg, 2004
Blick in die Taxi Rank StreetBild: Seippel Gallery

Die schwarz-weiß Fotos aus dem Joubert Park zeigen die Härte des Alltags: In den grauen Rauchschwaden der offenen Feuerstellen zeichnen sich schemenhaft gebeugte Frauenkörper ab, die Holz nachlegen und in Töpfen rühren. Doch mit den Lichtreflexen der Sonnenstrahlen, die sich durch den Rauch kämpfen, schleicht sich Poesie und Würde in die Bilder. Die ein anderes Bild von Afrika zeigen sollen: "Ich habe zu fotografieren begonnen, weil ich mit den Bildern von den Menschen in den Townships, die man überall in den Medien sieht, nicht einverstanden war. Meist zeigen sie Gewalt. Ich will dem etwas entgegen setzen, indem ich das ganz normale Leben fotografiere. Ich spreche auch immer mehr mit anderen südafrikanischen Fotografen über die Notwendigkeit, dass wir Schwarze uns selbst dokumentieren.“

Die Fotoausstellung „Johannesburg Transitions“ wird am Samstag (14.03.09) im Kunstforum Niederrhein im Emmerich eröffnet, wo sie bis zum 17. Mai zu sehen sein wird. Danach wandert sie weiter nach Köln und Sylt. Informationen zu Andrew Tshabangu und seinen Arbeiten gibt es auch auf der Website der Galerie Seippel unter www.galerie-seippel.de.