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Schwarz-grün im Bund?

Sandra Petersmann18. April 2008

Hamburg ist jetzt schwarz-grün. Es ist das erste Bündnis aus Christdemokraten und BündnisGrünen auf Landesebene. Kann die neue Koalition im Stadtstaat an der Elbe die Bundespolitik an der Spree verändern?

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Montage aus Logos von CDU und BündnisGrüne
In Hamburg schließen sich zwei Parteien auf Landesebene zusammen, die im Bund noch vieles trennt

In Frankfurt am Main läuft die Zusammenarbeit zwischen Christdemokraten und Bündnisgrünen schon länger. Aber anders als ein kommunales Bündnis schickt so eine Koalition auf Landesebene wie jetzt im Stadtstaat Hamburg viel stärkere Schwingungen Richtung Hauptstadt.

Porträt eines Mannes, im Hintergrund ein grün-blaues Poster (Quelle: AP)
Jürgen Trittin von den BündnisGrünen schließt eine schwarz-grüne Koalition im Bund nicht aus.Bild: AP

Jürgen Trittin gehört zu denen, die sich ein schwarz-grünes Bündnis in Berlin durchaus vorstellen können. Er ist einer der beiden designierten Spitzenkandidaten der Grünen für die Bundestagswahl 2009. Seiner Meinung nach sind rot-grüne Mehrheiten "wegen der eklatanten Schwäche der SPD in weite Ferne gerückt". In dieser Situation stellt sich für Trittin deshalb die Frage, "ob es künftig nur noch große Koalitionen gibt, oder ob es zu einer großen Koalition auch Alternativen gibt. Eine der möglichen Alternativen ist das, was in Hamburg zurzeit praktiziert wird." Der ehemalige Umweltminister verweist aber auch auf das Beispiel Hessen. Dort gebe es "einen permanenten Koalitions-Poker im Landtag", und das sei ja auch eine "interessante Variante".

Neujustierung im Fünf-Parteien-Land

In Hessen ist Ministerpräsident Roland Koch von der CDU geschäftsführend weiter im Amt, weil es weder Union noch SPD schaffen, eine mehrheitsfähige Koalition auf die Beine zu stellen. Die klassischen Zweier-Bündnisse aus CDU und FDP auf der einen und SPD und BündnisGrünen auf der anderen Seite haben sowohl in Hamburg als auch in Hessen bei den Landtagswahlen Anfang des Jahres keine parlamentarische Mehrheit bekommen. Die neue Links-Partei ist für alle ein Stolperstein, weil sie aus Deutschland ein Fünf-Parteien-Land gemacht hat. Deshalb müssen sich alle Parteien neu orientieren und für andere öffnen.

Der ehemalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin sieht das ganz pragmatisch und fragt mit einem Lächeln: "Wenn ich mit Frau Merkel zum Beispiel einen Mindestlohn einführen kann und Atomkraftwerke abschalten kann, warum soll ich dann nicht mit Frau Merkel koalieren?"

Widerstreit beim Thema Atomkraft

Atomkraftwerk (Quelel: AP)
Was wird aus dem Grünen Ur-Slogan: "Atomkraft? Nein Danke!"Bild: AP

Ein Blick in die Parteiprogramme zeigt allerdings, dass zwischen den politischen Grundsätzen von Christdemokraten und BündnisGrünen nach wie vor Welten liegen. Die Grünen schreiben zum ur-grünen Thema Atomkraft:

"Die Atomkraft ist keine Lösung für die Energieprobleme, sie schafft nur unkalkulierbare neue. Deshalb muss der Atomausstieg innerhalb der gesetzlichen Regelungen beschleunigt zu Ende gebracht werden."

Der Atomausstieg ist wohl der größte bundespolitische Erfolg der Grünen aus den gemeinsamen Regierungsjahren mit den Sozialdemokraten. Da erstickt ein Blick ins Grundsatzprogramm der CDU die Hoffnung auf neue Berliner Bündnisoptionen geradezu im Keim:

"Auf absehbare Zeit kann auf den Beitrag der Kernenergie zur Stromerzeugung in Deutschland nicht verzichtet werden. Sie hat eine wichtige Brückenfunktion, bis neue klimafreundliche und wirtschaftliche Energieträger in ausreichendem Umfang verfügbar sind."

Stolperstein Integration

Auch bei der Integrationspolitik widersprechen sich die Parteiprogramme von CDU und BündnisGrünen fundamental. Die Christdemokraten wollen eine kontrollierte Einwanderung von "gut ausgebildeten, leistungsbereiten und integrationswilligen Menschen":

"Ein unverbundenes Nebeneinander und eine Bildung von Parallelgesellschaften, in denen unsere Rechtsordnung missachtet wird, lehnen wir ab. Wo Menschenrechte und Demokratie in Frage gestellt werden, gibt es kein Recht auf kulturelle Differenzierung."

Die Grünen begreifen Einwanderung vor allem als Chance:

"Einwanderung ist eine produktive Kraft. (Sie erfordert) gleichberechtigte politische, soziale und kulturelle Teilhabe von Migrantinnen und Migranten. Der Umgang mit Neuankömmlingen und Fremden ist ein Gradmesser für die Offenheit der Gesellschaft. Unser Leitbild ist das gleichberechtigte Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft bei Anerkennung ihrer kulturellen Vielfalt."

Macht macht süchtig

Christliche Leitkultur im Bündnis mit MultiKulti? Da müssen bis zur Berliner Bündnisreife noch dicke Bretter gebohrt werden. Auf der anderen Seite gilt für das schwarze und grüne Lager gleichermaßen: Macht macht süchtig. Wenn der rechte Flügel der CDU und der linke Flügel der Grünen entsprechend gerupft werden, geht vielleicht doch irgendwann mal was in Berlin.