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Schrott auf vier Rädern

Thomas Wagner3. September 2008

Viele Autos, die im Westen Europas ausgemustert werden, haben eine zweite Chance im Osten. In Rumänien fahren viele alte Autos ohne Katalysator oder Dieselfilter. Das stinkt nicht nur den Rumänen, sondern auch der EU.

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Autos im Stau (24.09.2003/AP)
Überfüllte Straßen sind in vielen Städten ein ProblemBild: AP

Zur Mittagsstunde stauen sich auf den überlasteten Straßen in der Innenstadt von Temeswar hunderte von Autos Stoßstange an Stoßstange. Und so sieht es hier auf allen Straßen aus. Die Luft ist so verschmutzt, dass die Bewohner der Stadt kaum atmen können.

Lieber Auto statt Umweltschutz

Abgase kommen aus dem Auspuff eines PKW (27.01.2004/AP)
Viele Autos fahren ohne KatalysatorBild: AP

Dass der Verkehr in den großen Städten Rumäniens in den vergangenen Jahren exorbitant zugenommen hat, ist das eine Übel. Aber viele der Autos, die hier unterwegs sind, haben weder Katalysator noch einen Rußpartikelfilter, wenn sie mit Diesel fahren. Der Temeswarer Universitätsdozent Christian Staniloiu ist einer dieser typischen Altauto-Besitzer. Er fährt einen Dacia 1310 Baujahr 1988, der weder die Euro-Norm erfüllt noch einen Katalysator hat.

Christian Saniloiu denkt aber nicht daran, sich ein neues Auto zu kaufen. Er hat dafür mehrere Motive. Zum einen seien die Straßen schlecht und der Verkehr aggressiv, zum anderen sei es eine Preisfrage. Dass viele Rumänen so wie der Universitätsdozent aus Temesvar denken, belegt ein Blick in die Statistik: Im ganzen Land sind rund 4,5 Millionen Autos zugelassen, von denen 2,9 Millionen keine der Euro-Schadstoffnormen erfüllen. Dabei handelt es sich keineswegs nur um die alten Modelle des rumänischen Herstellers Dacia, sondern auch um Gebrauchtwagen aus Westeuropa.

Die Autorevolution

EU-Flagge
Der EU-Beitritt Rumäniens öffnete die Grenzen für umweltschädliche AutosBild: AP

Viele dieser Fahrzeuge kamen Anfang der 90er Jahre ins Land, kurz nach der rumänischen Revolution. Bald darauf versuchte der rumänische Staat, dem ungebremsten Import alter Gebrauchtwagen einen Riegel vorzuschieben. Zuerst durften die Fahrzeuge nicht älter als acht Jahre sein, später mussten die Autos bei der Erstzulassung zunächst die Euro 2, später dann die Euro-3-Schadstoffnorm erfüllen.

Ausgerechnet durch den EU-Beitritt Rumäniens Anfang 2007 wurde diese Regel hinfällig. Dan Tulvan vom "Register Auto Timis" erklärt, dass ein Auto, das etwa aus Deutschland eingeführt werde und dort zugelassen gewesen sei, aufgrund der EU-Vereinbarungen auch zwingend in Rumänien zulassen werden müsse. Rumänien könne kein Auto zurückweisen, das bereits in einem anderen EU-Land zugelassen gewesen sei.

Aus Alt mach Neu

Autos in der Stadt (22.01.2002)
Autoabgase in den StädtenBild: AP

Nun gibt es aber auch in Deutschland zahlreiche Autos ohne Kat und Rußfilter. Sie werden zwar höher besteuert, bekommen aber immer noch eine Zulassung. Damit ließen sie sich auch automatisch nach Rumänien einführen. Um eine solche "Gebrauchtwagenschwemme" zu verhindern, führte die Regierung in Bukarest nach dem EU-Beitritt eine so genannte "Car Tax" ein, eine Erstzulassungsgebühr in Höhe von mehreren Tausend Euro, je nach Schadstoffklasse.

Wiederum war es ausgerechnet die EU, die diese Regelung ablehnte. Die Begründung war, dass dies nichts anderes als ein verkappter Einfuhrzoll sei. Nun fürchten Fachleute wie der Temeswarer Autohändler Robert Krafft wieder den massenhaften Import alter Autos: In Rumänien werde die Schadstoffmenge mit Sicherheit auch in Zukunft gewaltig nach oben gehen, sagt er. Schließlich sei alles, was im Ausland als nicht brauchbar abgestempelt werde, hier noch benutzbar.

Als letzte Hoffnung bleibt das Programm "Adio Rabla" - zu deutsch: "Adieu Schrottkarre", das die rumänische Regierung initiiert hat. Demnach bekommt derjenige rund tausend Euro staatlichen Zuschuss, der seinen alten Gebrauchtwagen verschrottet und stattdessen ein neues Auto kauft. Doch auch dieses Programm kann nur begrenzt zum Abbau des Altwagenbestandes beitragen. Tausend Euro Zuschuss sind bei Neuwagenpreisen ab 7000 Euro für viele Geringverdiener ein Grund mehr, mit ihrem alten Wagen weiter zu fahren.