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Schreckensszenarien für Syrien

31. Dezember 2012

Der internationale Sondervermittler Brahimi bemüht sich redlich um eine Beilegung des blutigen Konflikts in Syrien. Doch er scheint selber nicht so recht an einen Durchbruch auf dem Verhandlungsweg zu glauben.

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Lakhdar Brahimi (Foto: AP/dapd)
Bild: dapd

"Es gibt nur zwei Möglichkeiten: die Hölle oder eine politische Lösung." Mit dieser düsteren Einschätzung skizzierte der Sondergesandte von Vereinten Nationen und Arabischer Liga die Lage in Syrien. Angesichts der eskalierenden Gewalt warnte er vor einem vollständigen Zusammenbruch der staatlichen Ordnung. Wenn der Konflikt in Syrien weiter gehe, werde die Zahl der Toten bis in einem Jahr von derzeit rund 45.000 auf 100.000 ansteigen.

Verhandlungsbereitschaft auf keiner Seite

Eine diplomatische Lösung sei trotz aller Vermittlungsversuche nicht in Sicht, räumte Brahimi nach einem Treffen mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, in Kairo ein. Die Lage in Syrien sei "sehr, sehr schlecht" und die Situation werde von Tag zu Tag schlimmer. Trotzdem wolle er die Hoffnung auf eine Einigung noch vor dem zweiten Jahrestag des Bürgerkriegs am 18. März 2013 nicht aufgeben.

Brahimi macht Druck

Der algerische Diplomat hatte am Wochenende seine Vorschläge für eine Lösung des Konflikts zuerst in Russland und dann in Kairo bei der Arabischen Liga vorgestellt. Dabei hält er im Wesentlichen am sogenannten Annan-Plan fest. Ein Vorschlag, der eine Waffenruhe, eine Übergangsregierung - unter Beteiligung auch von Vertretern des Assad-Regimes - sowie zu einem späteren Zeitpunkt Wahlen und eine neue Verfassung vorsieht.

Die Rebellen verlangen jedoch als ersten Schritt den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad. Russland bezeichnet solche Forderungen als kontraproduktiv. Genau diese Haltung führe in eine Sackgasse, hatte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau nach einem Treffen mit dem Syrien-Sondergesandten kritisiert. Brahimi bemängelte, dass die Führung in Damaskus und die Rebellen nur übereinander, aber nicht miteinander redeten. Genau hier liege das Kernproblem.

Erdogan ruft Assad zum Rücktritt auf

Angesichts der schwindenden internationalen Unterstützung für die Regierung in Damaskus hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan Präsident Assad erneut zum Rücktritt aufgefordert. Über 100 Länder hätten bereits die oppositionelle Nationalkoalition als legitimen Vertreter des syrischen Volkes anerkannt, sagte Erdogan am Sonntag in einem Flüchtlingscamp im Grenzort Akcakale. "Das bedeutet, dass mehr als 100 Staaten Assad nicht länger anerkennen. Das bedeutet, dass Assad gehen muss".

Kämpfe dauern an

Die Kontrahenten suchen offensichtlich die Entscheidung auf dem Schlachtfeld. Nach Aussagen von Augenzeugen gab es auch am Sonntag wieder heftige Kämpfe zwischen Aufständischen und Regierungstruppen. Im Umland der Hauptstadt Damaskus flog demnach die syrische Luftwaffe Angriffe auf Gegner des Assad-Regimes, auch in den Städten Aleppo, Idlib und Daraa dauerten die Gefechte an. Nachrichtenagenturen berichten von Gerüchten über ein Massaker der syrischen Armee in Homs.

Immer mehr Syrer verlassen ihre Heimat auf der Flucht vor den Kämpfen. Allein in Jordanien sind laut Behördenangaben inzwischen rund 275.000 Flüchtlinge registriert, die Türkei bezifferte die Zahl der Schutzsuchenden auf ihrem Gebiet mit etwa 147.000. Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass sich die Zahl der Flüchtlinge in den Nachbarländern im ersten Halbjahr 2013 auf eine Million erhöht und dass in Syrien selbst bis zu drei Millionen Menschen auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg sind.

qu/det (dpa, rtr, afp)