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Schneiderhan weist Vorwürfe zurück

19. März 2010

Der entlassene Bundeswehr-Generalinspekteur Schneiderhan weist Vorwürfe zurück, er habe Verteidigungsminister zu Guttenberg Berichte über den Kundus-Luftangriff vorenthalten. Der Minister sei ausreichend beraten worden.

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Ex-Generalinspekteur Schneiderhan vor dem Untersuchungsausschuss (Foto: dpa)
Ex-Generalinspekteur Schneiderhan verteidigte sein Vorgehen nach dem Angriff in KundusBild: picture alliance / dpa

Ex-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan ging in die Offensive. Ohne auf den umstrittenen Luftangriff in Afghanistan ausdrücklich Bezug zu nehmen, sagte er am Donnerstag (18.03.2010) im Untersuchungsausschuss, Informationen für die oberste Führung müssten stets verdichtet werden. "Die Frage, ob ich die Minister so beraten habe, dass sie entscheidungsfähig waren, ja, diese Frage beantworte ich eindeutig mit ja", sagte Schneiderhan.

Persönlich betroffen

Der Darstellung von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), ihm seien Informationen vorenthalten worden, wies Schneiderhan von sich und äußerte sich tief betroffen über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Zu Guttenberg hatte Schneiderhan und den ehemaligen Verteidigungs-Staatssekretär Peter Wichert im vergangenen Jahr mit der Begründung entlassen, sie hätten ihm wichtige Akten zu dem Angriff bei Kundus vorenthalten, besonders den Feldjägerbericht dazu.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (Foto: AP)
Sind die Vorwürfe von Minister zu Guttenberg berechtigt?Bild: AP

Bei dem Luftangriff in Kundus war ein Tanklaster explodiert. Bis zu 142 Menschen wurden getötet oder verletzt. Zu Guttenberg hatte den Luftschlag zunächst als militärisch angemessen bewertet, dies später aber mit Verweis auf neue Informationen revidiert. Dazu sagte Schneiderhan, bereits wenige Tage nach dem tödlichen Bombenangriff habe er eine "presseverwertbare Vorlage" vorgelegt und der Politik mitgeteilt, dass unter den Opfern "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Zivilisten" gewesen seien. Die Möglichkeit, dass es zivile Opfer gegeben haben, sei von der militärischen Führung "sehr früh eingeräumt worden", hob Schneiderhan hervor.

Schilderung des Informationsflusses

Damals war noch Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) im Amt. Er trat Ende November, mittlerweile als Arbeitsminister der schwarz-gelben Koalition, zurück und räumte Informationspannen ein. Jung hatte noch Tage nach dem Angriff erklärt, es habe keine zivilen Opfer gegeben.

Der ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (Archivfoto: AP)
Räumte Informationspannen ein: der damalige Verteidigungsminister JungBild: AP

Schneiderhan weiter: Den Feldjägerbericht habe Jung zwar nicht selbst gelesen. Er, Schneiderhan, habe ihm jedoch daraus vorgetragen. Vor dem Ausschuss schilderte er detailliert die Informationsabläufe nach dem Luftangriff vom 4. September 2009 sowohl vor als auch nach dem Regierungswechsel und dem Amtsantritt zu Guttenbergs.

Dabei räumte Schneiderhan ein, zu Guttenberg den Feldjägerbericht zunächst nicht vorgelegt zu haben. Er habe aber dessen Existenz ausdrücklich erwähnt. Zudem seien die Informationen des Berichts später in den Bericht der internationalen ISAF-Truppe eingeflossen, den auch zu Guttenberg kannte.

Schwierige Einsatzbedingungen

Keinesfalls habe er Berichte verheimlicht oder unterschlagen. Auch habe er zu Guttenberg auf die unklare Situation in Zusammenhang mit dem Angriff bei Kundus hingewiesen. Dabei warb Schneiderhan um Verständnis für die schwierigen Einsatzbedingungen der Soldaten.

Afghanischer Soldat rollt Tonne vor Wrack des Fanklasters (Foto: AP)
Bei dem Luftangriff in Kundus war ein Tanklaster explodiert. Bis zu 142 Menschen wurden getötet oder verletztBild: AP

Der SPD-Obmann im Ausschuss, Rainer Arnold, sagte am Rande der Beratungen, es gehe auch um die Glaubwürdigkeit Guttenbergs. "Wir wissen, dass die Akten, die ihm angeblich, wie er sagt, vorenthalten wurden, keine Fakten enthalten, die zu einer anderen Bewertung führen können", so der SPD-Politiker.

Anschließend wurde der mittlerweile entlassene frühere Staatssekretär Peter Wichert vor dem Ausschuss befragt. Wichert sagte, dem Verteidigungsministerium hätten bereits am 7. September, drei Tage nach dem Luftangriff, klare Hinweise darauf vorgelegen, dass unbeteiligte Zivilisten unter den Opfern waren. Auch sei damals bereits klar gewesen, dass der Angriff nicht nur entführten Tanklastern galt, sondern auch den darum versammelten Menschen. All diese Informationen seien umgehend auch an das Kanzleramt sowie die Obleute des Verteidigungsausschusses weitergeleitet worden.

In der nächsten Woche soll Jung vor dem Ausschuss gehört werden. Die Vernehmung zu Guttenbergs ist für den 22. April geplant.

Autorin: Eleonore Uhlich (apn, dpa, rtr,afp)
Redaktion: Martin Schrader/Frank Wörner