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Macht und Medien

Margit Hillmann5. Januar 2009

Der französische Staatspräsident Sarkozy reformiert das öffentlich-rechtliche Fernsehen - die ersten Änderungen treten jetzt in Kraft. Wird die Medienlandschaft in Frankreich nun politisch kontrolliert?

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Der französische Staatspräsident Sarkozy (01.09.2004/AP)
Vor einem Jahr verkündete der französische Staatspräsident Sarkozy, er werde das öffentlich-rechtliche Fernsehen reformierenBild: AP

Sozialisten, Grüne und Kommunisten sind gemeinsam gegen diese Medienreform. Während einer öffentlichen Parlamentsdebatte Mitte Dezember zeigten sie ihren Unmut mit Protesten und Buh-Rufen. Dennoch: "Wir werden das Reformgesetz nicht zurückziehen", bekräftigte Premierminister François Fillon.

Zu viel Macht dem Staat?

Der Grüne Noël Mamère wirft den Abgeordneten der Regierungspartei vor, sie würden dem Gesetz nur aus Gründen der Parteidisziplin zustimmen: "Wir haben Mitleid mit Ihnen: einem Haufen armseliger Befehlsempfänger unter dem Kommando eines Staatspräsidenten, der dabei ist, die öffentlich-rechtlichen Medien zu beseitigen." Es gehe um die fundamentalen Werte einer Demokratie, sagt Mamère.

Was in Frankreich geplant ist, ist tatsächlich einzigartig in westlichen Demokratien. Künftig wird die Exekutive – also Staatschef Nicolas Sarkozy – die Intendanten des öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Hörfunks auswählen – und kann sie jederzeit wieder entlassen.

Millionen-Einbußen für die Sender

Symbolbild: Zwei Menschen vor einem ausgeschalteten Fernseher
Wie gefährlich ist staatliche Macht auf die Medien?Bild: picture-alliance/dpa/DW

Für Sarkozy ist das eine "demokratische" Selbstverständlichkeit. Die öffentlich-rechtlichen Medien seien schließlich Besitz des französischen Staates, sagt er. Er sehe keinen Grund, warum die personelle Besetzung nach anderen Regeln erfolgen sollte als bei anderen französischen Staatsunternehmen wie etwa der Bahn.

Opposition, Journalistenverbände und Gewerkschaften kritisieren vor allem den Kernpunkt der Medienreform: In öffentlich-rechtlichen Fernseh-Programmen soll keine Werbung mehr laufen. Dies führt jedoch zu großen Verlusten, denn der französische Staatspräsident hat die Werbung verbannt, ohne die daraus entstehenden finanziellen Einbußen per Gesetz langfristig und kalkulierbar zu ersetzen.

Zunächst sollen die Programme nur zwischen 20 Uhr und sechs Uhr morgens werbefrei laufen. Bis 2011 soll die Werbung dann komplett verschwunden sein. So wird France Télévisions allein in diesem Jahr rund 450 Millionen Euro, ab 2011 mindestens eine Milliarde Euro - etwa ein Drittel ihres heutigen Gesamtbudgets - verlieren.

Die Medien hängen am Portemonnaie des Staates

Redakteure in einem Regieraum des französischen Fernsehsenders "France 24" (13.11.2006/AP)
Dem staatlichen Fernsehen drohen ohne Werbeeinnahmen erhebliche EinbußenBild: AP

Kein Grund zur Sorge, beschwichtigt seit Monaten Sarkozys Ministerin für Kultur und Kommunikation, Christine Albanel. "Den finanziellen Ausgleich für die fehlenden Werbeeinkünfte – zu diesem eindeutigen Engagement stehen wir", sagt sie. Es sei klar, dass sie das einhalten würden.

Das riesige Loch im Budget von France Télévisions soll mit Steuergeldern gestopft werden: Internet- und Telefonanbieter zahlen künftig Abgaben zur Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen und auch die Privatsender müssen mit neuen Steuern auf ihre – dank der Reform – steigenden Werbeeinkünfte dazu beitragen.

Doch diese Gelder gehen zunächst ans französische Finanzministerium. Wie viel davon dann tatsächlich an France Télévisions überwiesen wird, entscheidet die Regierung jeweils bei der jährlichen Haushaltsplanung.

"Sarkozy ist ein Lügner"

Viele der Beschäftigten bei France Télévisions halten die Refinanzierung für politische Augenwischerei: lauter Versprechen, aber keine garantierte und unabhängige Finanzierung. "Sarkozy ist ein Lügner. Wir wissen doch alle: mit der versprochen Ausgleichsfinanzierung lässt sich kein leistungsfähiges öffentlich-rechtliches Fernsehen organisieren, das den Ansprüchen der Bürger genügt", sagt Jean-François Téaldi, Fernsehjournalist beim öffentlich-rechtlichen Sender "France 3". Die Reform sei nur dazu da, die Zukunft des Privatsenders "TF1" zu sichern.

Sarkozys Medienreform hat diesen weiteren, negativen Beigeschmack. Das Privatfernsehen ist in der Hand weniger Großindustrieller - und die sind allesamt enge, persönliche Freunde des französischen Präsidenten.