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Schlagabtausch am politischen Aschermittwoch

22. Februar 2012

CSU-Chef und Interims-Bundespräsident Seehofer holte sich zum traditionellen Politikspektakel Verstärkung. Auch die anderen Parteien trafen sich zu Beginn der Fastenzeit zur Abrechnung mit den politischen Gegnern.

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Der CSU-Parteivorsitzende und bayrische Ministerpraesident Horst Seehofer (l.) und der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber (r.) trinken in der Dreilaenderhalle in Passau aus ihren Bierkruegen (Foto: dapd)
Bild: dapd

Eigentlich wollte CSU-Chef Horst Seehofer Klartext reden. Doch seine Rolle als kommissarischer Bundespräsident gebietet Zurückhaltung. Daher aktivierte der bayrische Ministerpräsident mit dem CSU-Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber seinen "Mister Aschermittwoch".

Seehofer muss sich zurückhalten

Trotzdem ließ sich Seehofer nicht nehmen in der vollbesetzten Dreiländerhalle in Passau zunächst das Wort zu ergreifen und auch die aktuelle, vor allem bayrische Politik zu beleuchten. "Denn der Vorsitzende der CSU gehört nach Passau", sagte der Ministerpräsident zum Auftakt seiner Rede. Im Blick auf sein Amt als Interims-Staatsoberhaupt fügte er hinzu: "Es hat Deutschland noch nie geschadet, wenn die Bayern ihre Hände im Spiel hatten."

Gabriel teilt aus

Zeitlich parallel sprach SPD-Chef Sigmar Gabriel im nur 22 Kilometer entfernten Vilshofen. Er gab sich gewohnt angriffslustig. So forderte er einen Regierungswechsel im Bund und in Bayern nach den Wahlen 2013. "Es muss sich was ändern in unserem Land", rief Gabriel aus. Er sprach sich zudem vehement gegen Zockerei auf den Finanzmärkten, für eine Finanztransaktionssteuer und für mehr soziale Gerechtigkeit aus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe unrecht, wenn sie sage, man müsse das Vertrauen der Märkte gewinnen. "Wir müssen das Vertrauen der Menschen gewinnen", erklärte der SPD-Vorsitzende.

Der Parteivorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, spricht in Vilshofen beim Politischen Aschermittwoch der SPD (Foto: dapd)
Bild: dapd

Und im Freistaat müsse endlich Schluss sein mit der Machtversessenheit der CSU. "Bayern muss wieder den Bayern gehören und nicht der CSU", rief Gabriel mit einem Blick auf Christian Ude. Der Münchner Oberbürgermeister will im nächsten Jahr Ministerpräsident in Bayern werden und somit die CSU-Herrschaft beenden.

Gabriel spottete zudem über die Wankelmütigkeit der CSU bei der Suche nach dem Bundespräsidenten-Kandidaten. Noch am Samstag hieß es, man sei gegen Joachim Gauck, und am Sonntag wird Gauck dann die Gefolgschaft versprochen.

"Es wird Zeit, dass wir nicht nur einen besseren Bundespräsidenten bekommen, sondern auch einen besseren Bundeskanzler oder eine bessere Bundeskanzlerin", betonte Gabriel und sagte über die schwarz-gelbe Bundesregierung: "Die benehmen sich wie eine Praktikanten-Initiative - aber wenn man das sagt, hat man schon Angst, dass man die Praktikanten beleidigt."

Gauck immer wieder Thema

In seiner einstündigen Rede thematisierte CSU-Chef Edmund Stoiber die Zustimmung seiner Partei zur Nominierung von Joachim Gauck als Bundespräsident. "Dieser Bundespräsident in spe ist eine sehr gute Wahl, die ich auch persönlich unterstütze", erklärte Stoiber. Er verwies besonders auf die ablehnende Haltung Gaucks zu einer EU-Mitgliedschaft der Türkei. "Was soll ich denn eigentlich gegen den Mann einwenden?" Zur wiederholten Kandidatur Gaucks für das höchste Staatsamt meinte Stoiber: "Man kann auch mit dem zweiten Aufschlag ein Ass verwandeln."

Bei der bayerischen FDP in Dingolfing verteidigte des Bundesvorsitzende Philipp Rösler seinen Kurs bei der Nominierung von Joachim Gauck zum Bundespräsidenten-Kandidaten. "Wenn man uns droht, lassen wir uns davon nicht einschüchtern, sondern wir werden nur noch größer", warnte der Bundeswirtschaftsminister die Koalitionspartner CDU und CSU. Man könne eine Wahl oder ein Amt verlieren, "aber man darf niemals seine Überzeugung verlieren", sagte Rösler unter dem Jubel der 400 Parteianhänger im Saal.

Auch bei Bayerns Grünen war die Wahl von Joachim Gauck Thema. So erklärte Grünen-Parteichefin Claudia Roth auf der Parteiveranstaltung in Landshut: "Wir wollen doch die Unabhängigen, an denen man sich reiben kann, und nicht irgendwelche Partei-Pappfiguren vorne dran."

Kanzlerin mit weitgehend sachlicher Rede

Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Aschermittwochstreffen der CDU in Demmin (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Bundeskanzlerin revanchierte sich nicht: Selbst am Aschermittwoch ging sie mit keinem Wort auf den Ärger in ihrer schwarz-gelben Koalition um die Nominierung von Joachim Gauck ein. Bei einer Veranstaltung der CDU Mecklenburg-Vorpommern in Demmin hielt sie eine betont nüchterne Rede. So bekannte sie sich klar zum Kampf gegen den Rechtsextremismus.

Mit Blick auf die Sondersitzung des Bundestags zum zweiten Griechenland-Paket am Montag verteidigte sie die geplanten Finanzhilfen für Athen und andere Schuldenländer. Deutschland mit einem Anteil von 1,2 Prozent an der Weltbevölkerung brauche die Kraft und Größe Europas. "Wir wissen, wir können es in Deutschland nicht mehr allein schaffen. Deshalb ist Europa unsere Zukunft".

Auch wenn EU-Mitgliedstaaten durch schlechte Finanzpolitik Vertrauen in die gemeinsame Währung erschüttert hätten, sei es richtig, hoch verschuldeten Staaten wie Griechenland, Portugal oder Irland zu helfen. Klar sei aber auch, dass sie sich selbst anstrengen müssten.

Ein weiteres Thema der Kanzlerin war der Ausbau der erneuerbarer Energien in Deutschland. Sie sagte, die Energiewende sei "eine riesige Chance". Nötig seien dafür Investitionen in Solar- und Windanlagen, aber auch neue Stromleitungen. Merkel betonte, die Bundesregierung werde alles dafür tun, dass Energie bezahlbar und sicher bleibe.

li/hp/wl (afp, dapd, dpa, rtr)