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Politik

Schiiten-Prediger Al-Sadr führt bei Irak-Wahl

14. Mai 2018

Bestätigt sich die Tendenz, hätte Al-Sadr, ein militanter Gegner der USA, ein überraschendes Comeback geschafft. Regierungschef Al-Abadi, der Wunschkandidat des Westens, aber stünde vor einem politischen Scherbenhaufen.

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Die Anhänger des schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr sind bereits im Feiermodus. Hier ein Foto aus Bagdad  (Foto: picture-alliance/dpa/AP/H. Mizban)
Die Anhänger des schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr sind bereits im Feiermodus. Hier ein Foto aus Bagdad Bild: picture-alliance/dpa/AP/H. Mizban

Bei der Parlamentswahl im Irak führt nach Auszählung von über der Hälfte der Stimmen der einflussreiche schiitische Prediger Muktada al-Sadr. Das Bündnis des Schiitenführers mit den irakischen Kommunisten wurde in sechs von 18 Provinzen stärkste Kraft - darunter auch in der Hauptstadt Bagdad - und in vier weiteren Provinzen zweitstärkste Formation, wie aus offiziellen Teilergebnissen hervorgeht.

Anti-IS-Kämpfer auf Amiris Liste 

Laut den Angaben der Wahlkommission folgt Al-Sadr der Anführer der wichtigsten Schiiten-Miliz im Land, Hadi Al-Amiri, der enge Beziehungen zum Iran pflegt. Al-Amiris Liste liegt demnach in vier Provinzen vorn. In acht weiteren Provinzen wurde die Liste, die aus Ex-Kämpfern gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) besteht, zweitstärkste Kraft.

Erst an dritter Stelle liegt der Wunschkandidat des Westens, der schiitische Regierungschef Haider al-Abadi. Dessen "Siegesallianz" gewann offenbar nur eine Provinz. Aus Kreisen der Wahlkommission und der Sicherheitsbehörden war zunächst verlautet, dass Al-Abadi bei der ersten Parlamentswahl nach dem Sieg über die Extremistenmiliz IS vorne liege. Der frühere schiitische Ministerpräsident Nuri al-Maliki, der als großer Rivale Abadis galt, scheint abgeschlagen.

Er ist Wahlsieger Nummer zwei: Hadi al-Amiri, der Anführer der wichtigsten Schiiten-Miliz im Irak (Foto: picture-alliance/AA/M. Sudani)
Er ist Wahlsieger Nummer zwei: Hadi al-Amiri, der Anführer der wichtigsten Schiiten-Miliz im IrakBild: picture-alliance/AA/M. Sudani

Zu der Sitzverteilung äußerte sich die unabhängige Wahlkommission nicht. Insgesamt sind 329 Parlamentsmandate zu vergeben. Die Wahlbeteiligung fiel mit 44,5 Prozent deutlich geringer aus als bei früheren Abstimmungen. Binnen 90 Tagen muss der Wahlsieger eine Regierung bilden.

Al-Sadr-Anhänger schwenken iranische Flaggen

Die offiziellen Ergebnisse sollen noch an diesem Montag bekanntgegeben werden. Da die Auszählung von noch acht der insgesamt 18 Provinzen fehlt, kann sich das Ergebnis noch verändern. Auf den Straßen von Bagdad feierten die Anhänger von Al-Sadr aber bereits. Sie sangen, tanzten und zündeten Feuerwerkskörper, während sie Bilder von Al-Sadr hoch hielten und iranische Flaggen schwenkten.

Sollte sich die Tendenz bestätigen, hätte Al-Sadr ein überraschendes Comeback geschafft. Der Kleriker führte von 2003 bis 2011 einen Aufstand gegen die US-Truppen im Land. Al-Sadr hat seine Anhänger unter den jungen Irakern, den Armen und Hoffnungslosen. Er hält Abstand zur Führung in Teheran und hat ein Bündnis mit Kommunisten und anderen weltlichen Anhängern gebildet, die seine Proteste gegen die Regierung 2016 unterstützten.

Für ihn wird die Wahl zum Desaster. der irakische Ministerpräsdent Haider al-Abadi (Foto: picture-alliance/dpa/AP)
Für ihn wird die Wahl zum Desaster: der irakische Ministerpräsdent Haider al-Abadi Bild: picture-alliance/dpa/AP

Al-Sadr verlangte von Bagdad damals, endlich gegen die grassierende Korruption vorzugehen. Seine Popularität gründet stark auf seinem Vater, dem angesehenen Großajatollah Mohammed Sadek al-Sadr, der 1999 wegen seines Widerstands gegen Saddam Hussein ermordet wurde.

Die Einheit des Iraks bewahren

Wer auch immer die Wahl im Irak gewinnt, wird sich mit den Konsequenzen des Ausstiegs der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran befassen müssen. Dies dürfte die ohnehin fragile Region weiter destabilisieren, in der der Iran als Schutzmacht der Schiiten und Saudi-Arabien als Schutzmacht der Sunniten um die Vorherrschaft ringen. Eine wichtige Aufgabe des neuen Regierungschefs wird es auch sein, die Volksgruppen der Sunniten, Schiiten und Kurden angemessen an der Macht zu beteiligen und die Einheit des Landes zu wahren. Die Mehrheit der Iraker bekennen sich zum schiitischen Islam. Das Land wurde mit Saddam Hussein aber Jahrzehnte lang von einem Sunniten beherrscht, der brutal gegen Schiiten und Kurden vorging.

sti/stu (afp, dpa, rtr)