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Schäubles Beifall für Schröders Agenda

21. September 2016

Zuspruch kommt nicht immer von politischen Freunden. Ex-Kanzler Gerhard Schröder erhält den Ludwig-Erhard-Preis - und das Lob eines früheren Gegners. Doch auch für Tadel ist noch Platz.

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Wolfgang Schäuble als Laudator in Berlin (Foto: dpa)
"Mut und Opferbereitschaft": Wolfgang Schäuble als Laudator in BerlinBild: picture-alliance/dpa/K. D. Gabbert

Ab 1998 war Wolfgang Schäuble (CDU) der prominenteste Gegner des frisch gewählten SPD-Kanzlers Gerhard Schröder. Der heutige Bundesfinanzminister wählte damals als Oppositionsführer im Parlament einen scharfen Ton, wenn es galt, dem sozialdemokratischen Regierungschef die Leviten zu lesen.

Jetzt findet der Mann, der einst als Nachfolger Helmut Kohls gehandelt wurde, die wärmsten Worte für den, der Kohl tatsächlich als Regierungschef ablöste. Schäuble lobt die "Agenda 2010", die unter Schröder von der damals regierenden Koalition aus SPD und Grünen in den Jahren 2003 bis 2005 umgesetzt wurde.

Späte Genugtuung

Für die Reformen des Sozialsystems und des Arbeitsmarktes erhält der Ex-Regierungschef den Ludwig-Erhard-Preis. Es ist eine späte Genugtuung, nachdem Schröder nicht zuletzt wegen der Agenda als Bundeskanzler vorzeitig abgewählt wurde. Schäuble sagt bei der Preisverleihung in Berlin, Deutschland sei dank der Reformen wieder wettbewerbsfähig geworden - und profitiere bis heute davon. Das Konzept gegen starken Widerstand auch innerhalb des Regierungslagers durchzusetzen habe Mut und Opferbereitschaft erfordert.

Gerhard Schröder, Bundeskanzler von 1998 bis 2005 (Foto: dpa)
"'Weiter so' reicht nicht": Gerhard Schröder, Bundeskanzler von 1998 bis 2005Bild: picture-alliance/dpa/K. D. Gabbert

Es sind eben jene Eigenschaften, die aus Sicht des Geehrten den heutigen Akteuren oftmals abgehen. Politiker müssten riskieren, eine Wahl zu verlieren, wenn Entscheidungen für das Land wichtig seien. "Das ist das, was man gelegentlich vermisst", sagt Schröder.

Deutschland: Bei Reformen auf Standby

Der Altkanzler kritisiert, Deutschland habe eine Reformpause eingelegt: "Wir stehen vor immensen Herausforderungen, die sich mit einem einfachen 'Weiter so' nicht bewältigen lassen." Bei der Rente sei ein flexibleres - und langfristig höheres - Eintrittsalter nötig. Vor allem für Bildung sollte aus Schröders Sicht mehr Geld bereitstehen. Und in der Flüchtlingspolitik müssten Union und SPD gemeinsam an einer Lösung arbeiten.

Schäuble, der noch die Interessen Deutschlands als Finanzminister im Blick hat, nutzt die Gelegenheit, bei allem Lob auch leisen Tadel anzubringen. Der gilt freilich nicht Schröder, sondern einigen Regierungschefs der Eurogruppe. Die Länder hätten sich an vereinbarte Regeln zu halten. Denn eine Währung brauche in erster Linie Vertrauen.

Dann wird Schäuble noch konkreter: Es treffe zu, dass die Verstöße Spaniens und Portugals gegen die Regeln des Stabilitätspaktes Konsequenzen hätten, und zwar mit Blick auf die Strukturfondsmittel ab 2017. Dabei geht es um Gelder aus Brüssel. Sie könnten gekürzt werden, falls die betroffenen Länder das hinauszögern, was Schröder einst vorantrieb - schmerzhafte Reformen.

jj/haz (dpa)