Salz nach Belieben
Weder Ungesalzenes noch Versalzenes schmeckt: Zu wenig oder zu viel Salz lassen die Geschmacksnerven rebellieren. Auch die deutsche Sprache kommt nicht ohne es aus. Das Mineral ist eben das Salz in der Suppe.
Speisesalz – also Natriumchlorid – kommt entweder aus den Tiefen der Erde oder wird aus dem Meer gewonnen. Streng genommen handelt es sich bei Salz nicht um ein Gewürz, sondern um ein Mineral. Neben süß, bitter und sauer ist „salzig“ eine der vier gängigen Geschmacksrichtungen.
Salz: das „weiße Gold“
Wer schon mal eine Suppe ohne Salz gegessen hat, weiß, dass etwas fehlte. Sie schmeckte bestimmt ziemlich fade. Auch mit Wurst, Brot oder Käse und vielen anderen Speisen verhält es sich ähnlich. Salz sorgt für Geschmack. Dass Speisesalz heute überall so leicht verfügbar und nicht teuer ist, war nicht immer so.
Es gab mal eine Zeit, da wurde es sogar „das weiße Gold“ genannt und diente als Zahlungsmittel. Das hatte seinen Grund. Speisen zu salzen, war früher die einzige Möglichkeit, Lebensmittel lange haltbar zu machen. Auch einige deutsche Städte wurden mit dem Salzhandel reich, darunter Bad Reichenhall, Schwäbisch Hall und Halle an der Saale. Von Halle an der Saale führten die Salzstraßen quer durch Mitteleuropa. Alle drei Städte tragen zudem diese Bedeutung in ihren Namen. Denn das aus dem Keltischen keltisch ein Zweig der indogermanischen Sprachfamilie stammende Wort „halla“ bedeutet „Stätte der Salzbereitung“.
Ein Paar im Restaurant und ein verliebter Koch
Mit Salz gewinnen die Dinge also an Substanz Substanz, -en (f.) hier: Wert, Bedeutung . Kein Wunder also, dass die bildhafte deutsche Sprache sich natürlich auch des Salzes bedient. Es ist gewissermaßen das „Salz in der Suppe“, die ideale Ergänzung, wenn nicht gar das Beste. Werfen wir nun mal einen Blick in ein teures Restaurant. Dort sitzt ein Paar vor seinen Tellern, das Essen ist kaum angerührt.
Die beiden sehen nicht begeistert aus, von Romantik keine Spur. Als der Kellner kommt, fragt er vorsichtig, ob ihnen das Essen geschmeckt habe. Frau Schmitts kurze Antwort: „Der Koch war wohl verliebt!!“ Der Kellner versteht sofort, und bietet dem Paar ein Getränk „aufs Haus“ an. Klare Sache: Der Koch hat das Essen zu stark gesalzen, es „versalzen“.
Salz: ein Aphrodisiakum
Die beliebte umgangssprachliche Wendung für zu viel Salz in einem Gericht hat historische Wurzeln. In der Antike wurde Salz als Aphrodisiakum, als Mittel zur Steigerung der sexuellen Lust, angesehen. Die Männer glaubten, dass zu wenig Salz ihre Potenz beeinträchtigen könne. Also wurde das Essen ordentlich gesalzen.
Wenden wir uns wieder Frau und Herrn Schmitt zu, die sich in eine Unterhaltung vertiefen, während sie auf ihren Nachtisch und den Schnaps „aufs Haus“ warten. Thema: ihr Freund Fritz hat mit Gabi Schluss gemacht. Unschön war die Trennung über die Bühne gegangen über die Bühne gehen umgangssprachlich für: in einer bestimmten Weise verlaufen , unschöne Worte waren gefallen.
Heilendes und schmerzendes Salz
Wochenlang hörte Gabi nur melancholische Liebeslieder, setzte kaum noch einen Fuß vor die Tür. Dann ging sie trotz allem zur Feier eines Bekannten. Dort hatte sie wohl gerade angefangen, sich zu amüsieren, erzählt Frau Schmitt, bis ihr jemand ordentlich „Salz in die Wunden streute“: Er soll ihr, so hatte es Frau Schmitt zumindest gehört, erzählt haben, er habe Fritz mit „so ’ner neuen Frau“ gesehen. Gabi sei danach in ein in ein Loch fallen umgangssprachlich für: niedergeschlagen, depressiv sein tiefes seelisches Loch gefallen in ein Loch fallen umgangssprachlich für: niedergeschlagen, depressiv sein .
So wie man Salz in eine frische Wunde reibt, brennt es auch im übertragenen Sinn in der Seele, wenn man ein für den Anderen unangenehmes oder sogar verletzendes Thema anspricht, auf eine Schwäche hinweist – oder ihn vor anderen bloßstellt.
Die Salzgurken
Herr Schmitt hört sich an, was seine Frau erzählt und wundert sich, dass Frauen so leicht auf das Geschwätz anderer Leute vertrauen. Vielleicht wäre es ja nur eine Freundin gewesen, die ihm Trost und Rat spendete, weil auch für ihn, Fritz, die Trennung nicht leicht gewesen sei. Und wer weiß schon, so Herr Schmitt, ob dieser „Typ“ nicht Fritz „die Suppe“ habe „versalzen“, ihm habe schaden wollen, weil er selbst Interesse an Gabi hatte.
Der Kellner bringt den Nachtisch und die beiden Schnäpse. Plötzlich meint Frau Schmitt: „Du Günther. Nimm’s mir nicht übel. Aber ich hätte (auf etwas) Bock haben umgangssprachlich für: Lust darauf haben, etwas zu tun jetzt voll Bock (auf etwas) Bock haben umgangssprachlich für: Lust darauf haben, etwas zu tun auf ein halbes Glas Salzgurken Salzgurke, -n (f.) in eine Salzlösung eingelegte kleine Gurken, die säuerlich schmecken !!“ Entgeistert schaut Herr Schmitt seine Frau an. Plötzlich lacht er übers ganze Gesicht. Und sie entgegnet: „Ja, du hast Recht. In etwa neun Monaten sind wir zu Dritt! Bei mir scheint es zu stimmen mit dem Gerücht, dass Schwangere plötzlich Heißhunger Heißhunger (m., nur Singular) besonders großer Hunger auf etwas Bestimmtes auf Gurken verspüren.“
Graham Greene und das Salz
Nach dieser freudigen Botschaft kann Herrn Schmitt auch die „gesalzene gesalzen hier: umgangssprachlich für: sehr teuer “ Rechnung für das Speisen in diesem Edelrestaurant nicht schocken jemanden schocken jemanden aus der Fassung bringen . Was sind schon 300 Euro für ein versalzenes Essen! Diese Botschaft ist „das Salz in der Suppe“ ihrer Beziehung. Wie hat Graham Greene mal geschrieben: „Der beste Geruch ist der vom Brot, der beste Geschmack ist der vom Salz, und die beste Liebe ist die von Kindern.“ Beschwingt beschwingt angeregt und heiter verlassen wir – mit Frau und Herrn Schmitt – das Restaurant und hören noch, wie Herr Schmitt leise murmelt, dass die Männer in der Antike wohl doch Recht hatten! Denn er „salzte“ sein Essen immer „nach“.
Salz nach Belieben
keltisch — ein Zweig der indogermanischen Sprachfamilie
Substanz, -en (f.) — hier: Wert, Bedeutung
über die Bühne gehen — umgangssprachlich für: in einer bestimmten Weise verlaufen
in ein Loch fallen — umgangssprachlich für: niedergeschlagen, depressiv sein
(auf etwas) Bock haben — umgangssprachlich für: Lust darauf haben, etwas zu tun
Salzgurke, -n (f.) — in eine Salzlösung eingelegte kleine Gurken, die säuerlich schmecken
Heißhunger (m., nur Singular) — besonders großer Hunger auf etwas Bestimmtes
gesalzen — hier: umgangssprachlich für: sehr teuer
jemanden schocken — jemanden aus der Fassung bringen
beschwingt — angeregt und heiter